Wie wir uns einrichten, sagt etwas über uns aus. Das Zimmer als Spiegel unserer Innenwelt. Wie sind eigentlich die Zimmer von Schwestern eingerichtet? Zimmer – es gibt sie erst seit einem halben Jahrhundert. Früher wurde auf Schlafsälen geschlafen: Vier Quadratmeter mit Bett, Kommode mit Waschschüssel und Haken an der Wand, um die wenigen Kleider aufzuhängen, die man besaß. Das alles mit Holzwänden abgetrennt, oben offen. Das Nicht-Zimmer als Ausdruck des Armutsgelübdes. Ein Schlafsaal als Ausdruck einer Gesellschaft, die Einheit in der Einheitlichkeit suchte. Außerdem gab es damals so viele Schwestern, dass aus Platzgründen gar nicht an Einzelzimmer zu denken war.
Nun ist das Ordensleben ja kein Museum, es entwickelt sich weiter, und Schwestern sind genau wie alle anderen Teil der Gesellschaft. Einer inzwischen individualisierten Gesellschaft. Jede Schwester hat ihr Zimmer und kann es sich dekorieren, wie sie möchte. Mit einer Gebetsecke. Mit Andenken aus dem Land, in dem sie als Missionarin gewirkt hat. Mit selbst gemalten Bildern. Dekorieren, nicht einrichten, denn keine Schwester „besitzt“ ihr Zimmer für immer. Es wird immer wieder umgezogen, wenn zum Beispiel eine Mitschwester das Zimmer braucht, oder wenn man eine neue Aufgabe bekommt und woanders lebt und arbeitet. In meinem Fall ist das etwa alle fünf Jahre. Mit mir ziehen nur meine Kleider um, meine Flöten und ein paar Lieblingsbücher (Gedichte von R.M. Rilke, „Joseph und seine Brüder“ von Thomas Mann, „Die Strohmatte“ von Silja Walter…).
Aber ein Ortswechsel bedeutet ja nicht nur ein neues Zimmer, sondern auch neue Arbeit, eine Lebensgemeinschaft mit neuen Mitschwestern und neue Freundschaften, die man erst finden und schließen muss. Missionarisch leben heißt: äußerlich und vor allem innerlich mobil bleiben. Es kommt nicht darauf an, es sich im Leben (und auch nicht im Glauben!) bequem einzurichten. Es kommt darauf an, auf LebensEntDeckung zu bleiben. Es ist ja nicht so, dass ich in den Orden eingetreten bin, weil ich Gott gefunden hätte. Ich bin eingetreten, weil ich Gott suche. Immer, überall und ein Leben lang.
Sr. Anna Damas SSpS
geboren 1966 in Duisburg, Eintritt in Steyl 1987. Theologiestudium in Münster und den Niederlanden. Pastoralreferentin im Bistum Aachen. Danach 14 Jahre tätig in Papua-Neuguinea in der Katechistenausbildung und Bibelarbeit. Seit 2019 im Generalat der Steyler Missionsschwestern in Rom, wo sie Seminare gibt im Bereich von interkultureller Kommunikation und Spiritualität.
Die Kolumne stammt aus dem in:spirit Magazin zum Thema Richten. Hier geht's zum Magazin.