MaZ: Mais, Schnee und Weihnachtsbräuche

Tabea schreibt in ihrem Rundbrief über ihre Erfahrungen als Missionarin auf Zeit in Rumänien und erklärt, wie die Kinder und Jugendlichen ihr beim Einleben und dem Erlernen der Sprache geholfen haben.

Tabea (2.von vorne) mit den Schwestern der Kommunität beim Ausflug zum See

Cristos a înviat! Christus ist auferstanden! – Mit diesem Satz begrüßen sich hier in Rumänien die Menschen nach Ostern. Seit fast sieben Monaten lebe ich nun hier in Roman, im Nord-Osten Rumäniens, in einer Schwesternkommunität der Steyler Missionsschwestern. Es ist so viel passiert, dass ich das Erlebte gar nicht alles hier niederschreiben kann und möchte deshalb ein paar Highlights herauspicken. Als ich Ende September, mit einem Zwischenstopp über das touristisch überlaufene Budapest, hier in Roman ankam, wurde ich ganz herzlich von zwei Steyler Schwestern empfangen und zu unserem Haus gebracht. Dort wurde ich gleich mit Frühstück begrüßt und konnte mich in meinem Zimmer einrichten. 

In den ersten Monaten war ich erstmal komplett von der Sprache überfordert, denn ehrlich gesagt, habe ich mich davor gar nicht so sehr auf Rumänisch konzentriert, was im Nachhinein ein Fehler war. Kleiner Tipp an alle, die ins Ausland wollen: Lernt vorher die Sprache und zwar gescheit! Naja, deshalb habe ich also den ersten Monat mit dem Erlernen der Sprache verbracht, was mir noch einmal gezeigt hat, dass meine Talente wirklich in anderen Dingen liegen. Einer meiner schönsten Erlebnisse in dieser Zeit war die gemeinsame Maisernte bei einer Doamnă in einem nahegelegenen Dorf. Gemeinsam mit Schwester Ana fuhr ich mit dem Bus (mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Rumänien zu fahren, ist immer eine aufregende Angelegenheit, denn die Busse halten oft irgendwo am Straßenrand, wo keine gekennzeichnete Haltestelle ist) also in das Dorf und wurde ganz lieb von einer älteren Dame begrüßt. Viele älteren Damen tragen hier noch ein Kopftuch, was ich nur von Erzählungen meiner Mutter von meiner Urgroßmutter kenne. Hier komme ich also auch mit meiner eigenen Familiengeschichte in Kontakt und finde es sehr schön, Erzählungen auch live zu erleben und zu sehen. 

Wir aßen gemeinsam eine Suppe (typisch für Rumänien ist eine Suppe als Vorspeise) und extra vegetarische Sermale, total lieb! Es handelt sich hierbei um ein rumänisches Gericht, bei dem Gemüsereis oder Fleisch in eingelegte Weinblätter gerollt werden. Ein sehr leckeres Essen, unbedingt weiterzuempfehlen! Danach ging es an die Maisernte, wovon ich erstmal ein bisschen überfordert war, denn ich habe in meinem Leben noch nie Mais geerntet. Hier haben viele Leute (vor allem auf dem Land) noch einen großen Garten hinter ihrem Häuschen, mit dem sie sich überwiegend selbst versorgen und Übriggebliebenes einmachen. Doch nach einer kurzen Zeit ging mir die Arbeit immer leichter von der Hand, sodass wir am Abend alle Maiskolben in den Hühnerstall geschafft hatten und die Hühner auch im Winter etwas zu essen haben. 

Seit Beginn meines Einsatzes nehme ich jeden Samstag an einer Gruppe teil, in der alkoholabhängige Menschen sich in Gemeinschaft mit anderen Betroffenen austauschen können. An den Runden nehmen aber nicht nur sie, sondern auch eine nahestehende Person teil. Die Gruppe wird von einer Schwester geleitet und ich habe mich von Anfang an willkommen und richtig wohl gefühlt. Es ist für mich ein großer Fortschritt, meine Sprachkenntnisse während dieser Zeit zu beobachten. Konnte ich mich am Anfang gerade einmal vorstellen, so kann ich mittlerweile meine letzte Woche beschreiben, mit ihren Höhen und Tiefen. Die Menschen sind mir wirklich ans Herz gewachsen und es tut gut, eine Offenheit für schwierige Themen zu spüren. 

Auch das Taizégebet, das jeden Mittwoch in unserem Haus mit den Jugendlichen aus der Gemeinde stattfindet, gehört fest in meinen Wochenplan. Dort habe ich angefangen mit der Querflöte mitzuspielen, was ich seit etwa zehn Jahren nicht mehr gemacht habe. Wirklich, durch den MaZ-Einsatz entdeckt man Fähigkeiten, die sonst in einem geschlummert haben… Nach dem Taizégebet treffen wir uns bei Tee und Keksen in unserem Esszimmer und quatschen. Was ich irgendwie interessant finde, ist, dass die Themen der Jugend in Deutschland und in Rumänien etwas andere sind. Werden in Deutschland aktuell die Themen Umwelt- und Gendergerechtigkeit diskutiert, so merke ich, dass das Thema Social Media bei der Jugend hier gerade ganz oben auf der Themenliste steht. 

Im November begann meine Arbeit in dem Tageszentrum für Kinder ,,Don Calabria“. Es tat mir unfassbar gut, etwas Regelmäßiges zu tun zu haben und ich merkte schnell, dass der Kontakt zu den Kindern und den Hauptamtlichen meine Stimmung angehoben haben. Vor allem bekam ich durch das Fußballspielen einen Draht zu den Jungs und merkte, dass es leichter fällt, durch sportliche Aktivitäten eine Gemeinschaft zu bilden, in der man wenig Worte braucht und dennoch Spaß zusammen hat. Auch heute genieße ich die Zeit, wenn wir gemeinsam Fußball oder Handball spielen oder Tanzen. 

Ins Zentrum gehen viele Kinder, denen es schwerfällt, sich zu konzentrieren, fair mit anderen umzugehen oder Regeln einzuhalten. Mein Ziel ist es daher, eine Bindung zu den Kindern aufzubauen und ihnen durch mein Verhalten ein Vorbild zu sein. Ich muss ehrlich zugeben, dass das manchmal nicht so gut klappt, wie ich mir das wünsche und ich hier stark realisiert habe, wie wichtig Regeln, das Einhalten dieser und vor allem Kommunikation und Reflexion des eigenen Verhaltens sind. Aber ich habe auch wirklich viel durch die Kinder gelernt, sei es allein sprach- und sporttechnisch, Offenheit, Kreativität, meine eigenen Grenzen wahrzunehmen und Grenzen aufzeigen. 

Mein besonderes Highlight war Weihnachten, denn in Rumänien gibt es den Brauch von Haustüre zu Haustüre zu gehen und sogenannte „Colinde“ (zu dt. Weihnachtslieder) zu singen. Also sind die Jugendlichen aus der Gemeinde und ich mit Liederheften, Trommeln und Perkussionsinstrumenten losgezogen und haben gemeinsam bei den Familien der Jugendlichen und Priestern gesungen. Der Kontakt zu der Jugend tat gut, denn war die Anfangshürde miteinander ins Gespräch doch sehr hoch, so habe wir irgendwann angefangen uns zu unterhalten und gemerkt, dass wir gar nicht so unterschiedlich sind. Und nach dem Weihnachtsgottesdienst, bei dem ich im Chor mitgesungen habe, gab es noch ein kleines Konzert von den Jugendlichen und Kindern. 

Im Winter lag viel Schnee, mit dem man wunderbar Schneemänner bauen oder bei einem Spaziergang im Park die Gedanken schweifen lassen konnte. Ein schönes Erlebnis war der gemeinsame Ausflug mit den Schwestern zum zugefrorenen Lacu Roșu. Seit Anfang Januar arbeite ich nun in der Fundatia Pacea, einer Stiftung der Franziskaner, die sich für Kinder aus sozial benachteiligten Familien einsetzt. Dort helfe ich in einer Vorschulklasse mit und bringe mich kreativ ein. Damit die Spannung hoch bleibt, auch meinen nächsten Bericht zu lesen, möchte ich hiervon und von meinem Frühling in Rumänien aber erst später berichten  

Man antwortet übrigens auf den anfänglichen Satz mit: Adăvarat a înviat! Er ist wahrhaft auferstanden! 

Herzliche Grüße, Tabea