MaZ: Schönheit im Chaos

Seit drei Monaten lebt Tina gemeinsam mit ihrer Mitfreiwilligen Philine in einem kleinen Dorf bei Cebu City auf den Philippinen. Es geht manchmal chaotisch zu, aber genau dieses Chaos hat Tina bereits in ihr Herz geschlossen. Hier erzählt sie von ihrem Alltag.

Die Weihnachtszeit beginnt auf den Philippinen schon im September.

Cebu City ist ein Ort, der mich jeden Tag aufs Neue mit seiner Schönheit im Chaos überrascht, wie ich es gerne nenne. Sei es, wie die Stadt und Natur hier miteinander in Einem existieren, wobei Geländer um wunderschöne, alte, große Bäume herum gebaut werden und man mitten an einer viel befahrenen Kreuzung trotzdem von den schönsten Pflanzen umgeben ist, die man je gesehen hat. 

Teil des Chaos‘ ist auch der von uns liebevoll bezeichnete „Philippino Way". Eine Phrase, die uns schon in der ersten Woche hier auf den Philippinen von unserer Mentorin beigebracht wurde. Seither begleitet die Phrase und wird dauerhaft verwendet, um uns Allerlei zu erklären. Unsere Definition: „Die Art und Weise, wie die Menschen hier mit allem Möglichen umgehen".

Darunter zählen auch Gepflogenheiten, die uns vollkommen fremd sind. Wie zum Beispiel, dass es hier vollkommen normal ist, plötzlich in Gesang auszubrechen und keiner dafür komisch angeschaut wird. Oder dass Weihnachten hier bereits am ersten September beginnt und man ab diesem Zeitpunkt überall Weihnachtsdekorationen und Lieder entdecken kann. Dass es keinen Plan für öffentliche Verkehrsmittel gibt, sondern der Bus kommt, wann er eben kommt. Oder auch, dass festgelegte Arbeitszeiten hier eher als Vorschlag angesehen werden.

Doch nicht nur hier ist die Schönheit im Unbekannten und Neuen zu finden, sondern auch mit welcher Einstellung die Menschen hier durchs Leben gehen. Was wir vor allem in unserer Arbeitsstelle im Balay Samaritano jeden Tag beobachten können. Die Einrichtung ist eine Anlaufstelle für Menschen jeden Alters, die eine Möglichkeit suchen, ein warmes Essen, eine Dusche und Unterhaltung oder besser gesagt, ein Zuhause, zu bekommen. Es wird gemeinsam gegessen, gebetet und gelacht. Man wird jeden Morgen fröhlich und überschwänglich begrüßt. Wenn irgendwo Musik läuft, wird dazu getanzt oder gesungen (oder beides). Wenn etwas nicht funktioniert, dann wird gemeinsam eine Lösung gefunden und sich gegenseitig unterstützt. Ob das die provisorische Reparatur eines Kruges ist oder jemand der Hilfe bei der Beantragung von Dokumenten benötigt.

Unsere Aufgabe im Balay Samaritano besteht vor allem in der Betreuung der Kinder, was für mich die größte Verkörperung von Schönheit im Chaos ist. Kinder, die einem trotz ihrer einzelnen kleinen, nicht immer einfachen Lebensgeschichten, jeden Morgen mit einem Lächeln im Gesicht entgegenrennen und mich entweder lauthals bei meinem Namen oder dem Namen meiner Mitfreiwilligen rufen (wer wie heißt üben wir gerade noch). Die einen immer zum Lachen bringen und auch wenn sie sich manchmal streiten, stets auf ihre eigene Art und Weise aufeinander achten. Die auch ohne Spielzeug immer einen Weg finden sich zu beschäftigen oder die, wenn das Klassenzimmer mal nicht zur Verfügung steht, Akrobatik aufführen, im ganzen Haus fangen spielen (was sie natürlich eigentlich nicht machen sollen) oder die ganze Tafel mit ihren eigenen Kunstwerken vollmalen.

Und es mag manchmal chaotisch sein, aber es ist ein Chaos aus neuen und bekannten Gesichtern, aus umarmen und schubsen, Daumen hoch, Daumen runter, Unterhaltungen mit Händen und Füßen, Fortschritten, Rückschritten, Erschöpfung, Energie, weinen, lachen. Ein wunderschönes Chaos.

Und genau deswegen sid wir hier, um mehr über eine andere Lebensweise und dadurch auch uns selbst zu lernen und daran zu wachsen. Und so sind wir seit nun drei Monaten dabei, den Philippino Way zu verstehen, zu akzeptieren und anzunehmen. Sind dabei, die Schönheit im Chaos zu sehen. Einfach zu akzeptieren, dass manche Dinge sind, wie sie sind, man das Beste aus einer Situation macht und das mit einem Lächeln auf dem Gesicht :).

Liebe Grüße aus Cebu

Eure Tina