MaZ: Was trotz Corona bleibt

Gerne wäre Clara als MaZ nach Bolivien ausgereist, nun engagiert sie sich hier in Deutschland. In ihrem Rundbrief berichtet sie von ihren Praktika in zwei evangelischen Kirchengemeinden. 

Die Weihnachtszeit ist wohl die bedeutendste Zeit für die Kirche. Niemals gehen sonst so viele Menschen in die Kirche wie an Heiligabend. Ostern, Pfingsten und Himmelfahrt sind dagegen eher nur kleine Feste. Und auch für Atheisten ist Weihnachten wohl das größte gemeinsame Fest. Weihnachten: das Fest der Liebe, der Geschenke, der Familie, des Wiedersehens, der Zärtlichkeiten und Umarmungen und das Fest des “Mal-an-Andere-denken“.

Doch 2020 hat Corona auch dem Weihnachtsfest einen Strich durch die Rechnung gemacht. Keine herzlichen Umarmungen, kein Händeschütteln, keine großen Festessen mit den Großeltern oder Cousinen, keine Weihnachtsfeiern und vieler Orts eben auch keine Weihnachtsgottesdienste. Was bleibt da noch von Weihnachten?

Die kleinen Sachen. Briefe schreiben und Geschenke packen. Genau das habe ich in der St. Johannis Kirche in Rostock gemacht. Briefe für die Mitglieder der Eltern-Kind-Kreise, Christenlehre- und Konfirmandengruppen und natürlich auch für die Bewohner*innen von Pflegeheimen wurde gebastelt, geschrieben und verteilt.

Zum Gemeindekreis gehört auch das Rostocker Flüchtlingsheim. Eine Weihnachtsfeier dort war leider nicht möglich, aber ich habe große Geschenke für die Kinder dort gepackt. Auch gibt es bei uns in der Kirchengemeinde eine Geschenkeaktion mit dem ASB. Kinder, die vom ASB betreut werden, schreiben ihren Weihnachtswunsch auf Zettel und Mitglieder der Kirchengemeinde erfühlen diese Wünsche. Am Ende werden alle Geschenke in der Kirche abgegeben, sortiert und zum Schluss an die Kinder übergeben.

Da in Rostock die Infektionszahlen auch im November und Dezember niedrig blieben, waren Gottesdienste bei uns auch weiterhin erlaubt, natürlich nur mit Maske, Abstand und Singen nur draußen auf dem Hof.

Jeden Sonntag im Advent haben wir gemeinsam Gottesdienste veranstaltet und aufgezeichnet, damit auch Risikopatient*innen teilnehmen konnten. Die größte Aufgabe war jedoch der Weihnachtsgottesdienst. Wir mieteten das gesamte Leichtathletikstadion und erarbeiteten einen sorgfältigen Plan. Das Leichtathletikstadion hat mehrere große Ränge und steht auf einem großen Gelände, sodass der Abstand gut eingehalten werden konnte. Aufgrund des Wetters und von Corona war es schwer abzuschätzen, wie viele Menschen wohl kommen würden. Aber am Ende hatten wir zwei gutbesuchte Gottesdienste, bei denen sogar gesungen wurde! 

Den zweiten Teil meines Praktikums verbrachte ich in der Kirchengemeinde Plau am See an der Mecklenburgischen Seenplatte. Hier wurden sonntags keine Gottesdienste gefeiert und auch kein Konfirmandenunterricht oder ähnliches abgehalten. Wir mussten die Menschen also auf einem anderen Weg erreichen, und zwar mit Post, Post und noch mehr Post. Und natürlich auch mit Videos und Gemeindebriefen. 

Das klingt erstmal nicht besonders spannend oder und auch nicht nach viel Arbeit, aber es war tatsächlich sehr aufwendig. Wir haben nicht nur Briefe geschrieben. Nein! Erst wurden Karten gebastelt und bemalt, Briefumschläge gebastelt, beklebt und beschrieben. Und das für die Bewohner*innen von zwei Pflegeheimen und allen anderen Gemeindemitgliedern aus dem Ort. Das Schönste daran war jedoch das Verteilen der Post. Das kurze Klingeln an der Tür, das gespannte Warten, ob wohl jemand öffnen wird, der verwirrte Blick und dann das Lächeln der „Beschenkten“ und ein kurzes Gespräch an der Tür. Ich habe gemerkt, wie viele Menschen eigentlich einsam sind. Senioren haben ihre Kinder und Enkel und natürlich auch Freund*innen seit Monaten nicht gesehen und das beschäftigt sie sehr. Das kurze Gespräch an der Tür war für einige das Highlight des Tages.

Ein besonderes Highlight für mich war das Sternsingen vor den Türen der Pflegeheime. Die Bewohner*innen haben sich riesig über unseren Besuch gefreut. Einige saßen auf dem Balkon oder haben ihre Fenster geöffnet, um uns zu hören. Und weil sie sich so gefreut haben, haben wir extra für sie noch eine Andacht gefeiert und aufgenommen.
In meiner Zeit dort durfte ich auch Trauergespräche und Beerdigungen begleiten. Das war für mich sehr berührend, denn jedes Trauergespräch und jede Beerdigung war anders und besonders. Was mir besonders hängengeblieben ist, ist die Trauer darüber, sich nicht verabschieden zu dürfen. Denn Angehörige dürfen Corona-Patienten im Krankenhaus nicht besuchen, selbst wenn klar ist, dass sie bald sterben werden. Sie dürfen sich nicht verabschieden und das macht die Trauerbewältigung sehr viel schwieriger.

Ich bin mir bewusst, dass die Meinungen über die Kirche und den Glauben weit auseinandergehen. Aber ich für meinen Teil habe, besonders in meiner Praktikumszeit, gesehen, wie die Kirche den Menschen Gutes tun kann und wohltuend für die Menschen ist. Wir haben sehr vielen Menschen Freude bereitet. Viele Menschen fühlen sich vergessen, aber in der Kirche finden sie Gemeinschaft und Halt. Denn die Kirche kann für alle ein Zuhause sein und niemand soll vergessen werden oder verloren gehen.

Ich habe gesehen, wie liebevoll sich die Kirchenmitglieder umeinander kümmern und wie bedeutungsvoll und schwierig der Beruf der Pastorin war. Immer erreichbar zu sein, für alle und jeden, nie richtig abschalten zu können, ist keine leichte Aufgabe, sondern kann auch eine Belastung sein. Was ich auch gelernt habe, ist, dass es nicht immer große Dinge sein müssen, die eine Freude bereiten. Ein kleiner Brief oder das Winken am Fenster, eine nette Sprachnachricht oder eine kleine Zwiebelknolle zum Einpflanzen reichen meistens schon aus. 

Corona trifft uns alle. Den einen mehr, den anderen weniger. Deswegen müssen wir jetzt noch mehr als sonst auf uns aufpassen, achtsam sein und uns gegenseitig unterstützen, wo wir es können. Denn das ist das, was uns trotz Corona bleibt: Dass aneinander denken, das Zuhören, das Freude bereiten, dass „Mal-den-Anderen-anrufen“ und fragen, wie es ihm geht. 

Clara
 

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