MaZ: Mission heißt, Menschen begegnen

Seit einem halben Jahr ist Sebastian als Missionar auf Zeit in Misiones (Argentinien). Seine wichtigste Erkenntnis: Immer authentisch bleiben und offen sein für neue Erfahrungen.

Meine Reise beginnt am 23.08.2019. Vollgepumpt mit Adrenalin verlasse ich am Frankfurter Flughafen meine Familie. Der Moment, auf den ein halbes Jahr gewartet habe. Kurz darauf startet schon mein Flug und ich verlasse zum ersten Mal völlig alleine meine Heimat. 25 Stunden später befinde ich mich, mit Zwischenstopps in Paris und Sao Paulo, in Asuncion, der Hauptstadt von Paraguay. Obwohl mein Flug satte zwei Stunden Verspätung hat, empfängt mich meine Mitfahrgelegenheit vom Sprachkurs „IDIPAR“, den ich für die ersten zwei Wochen gebucht habe, mit einer Engelsgeduld. Danach beginnt mein eigentlicher Einsatz in Argentinien. Ein Jahr voller Erfahrungen, Herausforderungen und dem Spirit der Argentinischen Kultur wartet auf mich.

Ich lebe zusammen mit drei Steyler Schwestern in einem Vorort von Posadas, der Hauptstadt einer nordöstlich gelegenen Provinz von Argentinien. Direkt angrenzend befindet sich Paraguay, das nur durch den Rio Paraná getrennt ist. Ich beziehe hier ein Zimmer mit Bad ein paar Meter neben dem eigentlichen Wohnbereich der Schwestern, dessen Ess- und Wohnzimmer allerdings jederzeit frei zugänglich für mich ist. Im hinteren Teil der Quinta Betania-Retiro gibt es noch einen Bereich für Pflanzen und Botanik. Mehr oder weniger „bewacht“ wird das Haus von der Hündin Negra und dem Hund Gando. Über den Tag sind hier manchmal Veranstaltungen verschiedener Gruppierungen, die sich zu Besinnungstagen, Schulungen oder abendlichen Geburtstagen treffen.

Meine Familie teilt sich auf in Wohnfamilie und Arbeitsfamilie. Zur Erklärung: Ich wohne zusammen mit insgesamt drei Schwestern. Das heißt, ich passe mich an deren Tagesstrukturen an. Oft beginnt der Tag mit einer Laudes, dem Morgengebet der katholischen Kirche. Danach wird gemeinsam gefrühstückt. Auch meinen Feierabend und verschiedene Aktionen in anderen Pfarreien gestalte ich zusammen mit den Schwestern. Einmal in der Woche bin ich fest zum Kochen eingeteilt, aber je nach Notwendigkeit lässt sich das auch ein bisschen verschieben.  Meine tägliche Arbeitsstelle befindet sich allerdings im Comedor Medalla Milagrosa. Ein Comedor (=Esszimmer) ist vergleichbar mit einer Suppenküche. Familien oder einzelne Personen, die nicht genug Geld haben, holen sich dort Essen, um sich oder ihre Familie zu ernähren. Geleitet wird das Comedor von Doña Betty und ihrer Familie. Sie haben bereits viel Erfahrung mit Freiwilligen, insbesondere aus Deutschland, gemacht. Von Anfang an steht Vertrauen hier an oberster Stelle und ich werde des Öfteren auch auf verschiedene Aktionen eingeladen.

Gekocht wird im Comedor von 9 Uhr bis 13 Uhr. Meistens gibt es einen Gemüseeintopf mit Fleisch. Dazu kommen dann noch Reis, Nudeln oder Bohnen. Auch wird jedes Mal noch ein bisschen Brot dazugegeben. Finanziert wird das Ganze durch Spenden. Manchmal gibt es dann zusätzlich noch Wassermelonen oder Joghurt. Um die restlichen Kosten abzudecken, wird gleichzeitig noch Brot in verschiedenen Varianten gebacken, das am Nachmittag verkauft wird. Von normalem über süßes Brot, bis zu mit Marmelade gefüllte Teigbällen, vergleichbar mit Krapfen, ist alles dabei.


Besonders schlimm für mich ist die hohe Luftfeuchtigkeit. Und wenn man dann noch Holz schichtet, während man sich neben dem brennenden Feuer befindet, das die großen Essenstöpfe zum Kochen bringt, dann sieht es nachher so aus, als wäre man ins Wasser gefallen. Mit anderen Worten, gerade über den Mittag ist man quasi gezwungen, langsam zu machen. Das Schlagwort „Siesta“ kommt hier erst richtig zur Geltung. Dabei haben wir noch nicht mal die Temperaturen des richtigen Sommers erreicht, die bis zu 45 Grad betragen können. Gewitterstürme sind hier besonders kräftig, sodass ich mir manchmal zweimal überlege, ob ich noch eben irgendwo einkaufen gehe.

Ich wohne in der Nähe von der Pfarrei San Miguel. Die Kirche ist sehr schön und eher schlicht gehalten. Die Menschen hier sind wirklich fleißige Kirchgänger. Durch die salesianische Glaubensmoral, sind vor allem Jugendliche im Mittelpunkt, deshalb gibt es zwei besonders große Gruppen von Jugendlichen, die sich „Grupo Misionero“ und „Grupo Mallin“ nennen. Jedes Wochenende bieten sie Gruppenstunden für Kleine und Große an, die mir viel Engagement und Aufwand pädagogisch wertvoll gestaltet werden. Umso beeindruckender ist also, dass es beinahe ausschließlich von Jugendlichen getragen wird. Mit der Gruppe Misionero war ich bereits auf „Mission“.

Eine Mission stellt vor allem die Begegnung in den Mittelpunkt. Eine religiöse Gruppe geht für einige Zeit in ein Dorf oder einen Ort, in dem die Menschen eher von Armut geprägt sein können, aber nicht müssen. Dort kommt man dann mit ihnen ins Gespräch. Einladungen zu Gruppenstunden, Gebetsstunden und natürlich zur Messe werden, von vielen kleineren Gruppen, in dem ganzen Bereich verteilt. Mit der Gruppe aus meiner Pfarrei war ich zusammen in Garupà. Dort kamen 86 Kinder zur Gruppenstunde, das war wirklich eine riesige Überraschung. Aus der Sicht eines Deutschen mag das im ersten Moment etwas befremdlich wirken und auch ich hatte eher ein mulmiges Gefühl im Bauch. Sofort war es weg, als uns schon am ersten Haus eine Familie freundlich begrüßte. Authentizität ist eigentlich alles, was man braucht.

Sebastian -