MaZ: Schweizer Käsefondue und Pique macho als Festessen

Der November war noch relativ ruhig. Selina und ich verbrachten ihn in der Pirwa, wo wir langsam aber sicher ein Vertrauensverhältnis zu den Kindern aufbauen konnten und auch schon einige neue Spielideen wie Topfschlagen und Blinde Kuh mit den Kindern ausprobieren konnten. Auch die Kinder, die sich am Anfang nur zögerlich auf die neuen Ideen eingelassen haben, waren am Ende alle begeistert.

Im Dezember gab es dann für die Kinder ein besonderes Programm. Statt lesen und Malen standen Plätzchenbacken und Weihnachtsdeko-Basteln an. Besonders das Backen war ein Event, bei dem wir einiges zu tun hatten, aber die Kinder waren so motiviert mit ihren Keksausstechern und ihrem Nudelholz, dass es sich auf jeden Fall gelohnt hat.
Auch wenn wir immer ein bisschen aufpassen mussten, dass der Plätzchenteig auch in den Ofen kam und nicht vorher schon aufgegessen wurde und wir unauffällig ein Blech mit verbrannten Plätzchen verschwinden lassen mussten, hatten alle einen Riesenspaß.

Auch mit unseren Englischkursen kommen wir voran. Als wir im November mit den Kursen starteten, waren wir noch eher spärlich besetzt. Inzwischen sind unsere Schüler richtig begeistert. Inzwischen sind es über 25, so dass wir sie in drei Klassen teilen können, um sie unter optimalen Bedingungen zu unterrichten.
Meine Schützlinge im Fortgeschrittenenkurs wagen sich sogar schon an die Grammatik und an Aufgaben zur Förderung von Kreativität und freiem Sprechen, was hier an den öffentlichen Schulen leider oft zu kurz kommt. Auch wenn es am Anfang schwieriger war, als erwartet, die Schüler in Englisch auf Spanisch zu unterrichten und noch davon zu überzeugen, dass sie sich selbst in den Unterricht einbringen sollen und können, sind alle Startschwierigkeiten gelöst und sogar schon erste Lernerfolge deutlich bemerkbar.

Am 23.Dezember verbringen die Bewohner Huancaranis immer gemeinsam. Am Tag davor trafen sich alle Frauen des Dorfes und backten süße kleine Rosinenbrötchen. Etwas mehr als vier Stunden lang standen wir alle in der Panadería, der Backstube im Zentrum des Dorfes, um den Teig zu formen und zu backen.
Das ganze Zentrum duftete nach den Brötchen. Schließlich gab es noch ein gemeinsames Abendessen und einige der Frauen übten mit mir sogar ein bisschen Quechua.
Quetschua ist eine der beiden weitest verbreiteten ursprünglichen Sprachen Boliviens. Vor allem bei den Erwachsenen in ländlichen Regionen wird hier oft mehr Quechua als Spanisch gesprochen. Auch wenn sich meine Lernerfolge noch in Grenzen halten, war es was Besonderes, sich wenigstens ein bisschen mit den Frauen in der Sprache unterhalten zu können, die sie am meisten sprechen.

Der nächste Tag ging es schon um acht los, als wir das erste Mal in die Kirche des Dörfchens gehen konnten. Normalerweise ist die Kirche geschlossen und nur ein- oder zweimal pro Jahr findet dort eine Messe statt. Die Kirche war sehr schön dekoriert mit weißen Bändern mit Engelsfiguren an der Decke einer großen Krippe vor dem Altar.
Der Gottesdienst war auch etwas ganz Besonderes. Der Pfarrer aus Sipe Sipe machte sich mit einem Gitarrenspieler auf den Weg in unser kleines Dorf und gestaltete einen kinderfreundlichen Mitmach-Gottesdienst.
Danach organisierten einige Jugendliche aus dem Dorf ein paar Spiele für die Kinder, während die Frauen die Rosinenbrötchen brachten und Schokomilch in riesigen Töpfen anrührt.
Als das Verteilen dann losging, war die Freude groß. Alle stellten sich in einer langen Schlange über den ganzen Kirchplatz auf und holten sich ihre Tasse voll Schokomilch und ihr Brötchen ab. Eine Gruppe Freiwilliger aus einem anderen Projekt schaute auch mal vorbei und verteilte kleine Geschenkpackungen mit Süßigkeiten an alle, die auf dem Kirchplatz waren.
Gegen Mittag war es dann auch schon vorbei. Wir halfen mit, den Platz wieder aufzuräumen, dann gingen alle nach Hause. In den Familien gab es auch noch viel zu tun um das Weihnachtsfest, dass am nächsten Tag in fast allen Familien unter sich gefeiert wurde, vorzubereiten.

Den 24. Dezember verbrachten wir gemeinsam mit unseren Verantwortlichen bei deren Familien. Zuerst fuhren wir nach Cochabamba und trafen uns mit Janine und Joaquín, wo es das erste Weihnachtsessen geben sollte. Die beiden leiten die Sprachschule, in der wir Spanisch gelernt hatten, und sind die Schwiegereltern von unserem Verantwortlichen.
Janine ist aus der Schweiz und machte ein Schweizer Käsefondue mit bolivianischem Käse. Gemeinsam mit unseren Verantwortlichen Ronald und Thika und ihrem Sohne Pablo feierten wir also Weihnachten. Dann spielten wir alle noch Memory, wo ich leider haushoch verlor, weil ich, ohne es zu bemerken, fast immer die gleichen Karten aufdeckte.
Schließlich machten wir uns wieder auf den Weg. Wir waren noch bei Verwandten von Ronald eingeladen. Dort gab es nochmal ein riesiges Weihnachtsessen. Es blieb also niemand hungrig.

Am 26. Dezember waren wir schon wieder zu einem Weihnachtsessen eingeladen, diesmal bei der Familie, die mit uns im Zentrum wohnt. Doña Adela kochte Pique Macho, ein typisches, leckeres Gericht hier in Bolivien, das aus vielen verschiedenen Fleisch- und Wurstsorten auf frittierten Kartoffeln besteht.
Gemeinsam mit der ganzen Familie saßen wir den Abend lang zusammen und feierten unser nachträgliches Weihnachtsfest.

Und mit einem Ausflug zum Salar de Uyuni, einem großen Salzsee in Bolivien, ging für mich das Jahr 2015 zu Ende.

- Anja