MaZ: Straßenblockaden und Schulstart

Auf dem Zwischenseminar in Cochabamba trafen wir uns mit fast allen Missionaren auf Zeit der Steyler Missionsschwestern, die in Südamerika arbeiten, sowie mit drei, die von den Hiltruper Schwestern gesendet wurden.

Wir wohnten in einem Bezirk etwas außerhalb der Innenstadt in einem alternativen Gesundheitszentrum, das dort von den Steyler Missionsschwestern geleitet wird. Es war super schön nach mehr als sechs Monaten so viele unserer Freunde wiederzusehen, mit denen wir die gesamte Vorbereitung verbracht haben und die uns sehr ans Herz gewachsen sind, und uns mit ihnen über ihre Einsätze austauschen zu können.
Wir konnten uns über ein paar wichtige Themen unterhalten, die jeden von uns täglich betreffen (wie z.B. den Machismo), über unsere Probleme und über unseren Abschied, der ja gar nicht mehr so weit weg ist. Außerdem machten einen Ausflug an die Christusstatue (Cristo de la Concordia), wo einige von uns zwar schon waren, aber mit allen anderen zusammen war es natürlich nochmal ein tolles Erlebnis. Anschließend besuchten wir die Cancha (der große Markt in Cochabamba) und beendeten den Tag, indem wir gemeinsam essen gingen.
Ganz besonders schön war auch der letzte Abend des Zwischenseminars, der Kulturabend, für den wir jeder extra was Typisches aus seiner Region mitgebracht und/oder vorbereitet hatte. Lara und ich brachten zum Beispiel das alkoholische Getränk Kirusilla mit, das typisch für Sopachuy ist (es gab sogar mal einen Wettbewerb, welche Familie den besten Kirusilla herstellt), und führten den Tanz auf, den ich zu Weihnachten mitgetanzt hatte.

Ursprünglich geplant war, nach dem Seminar mit mehreren zum berühmten Karneval von Oruro zu fahren. Da haben uns die LKW-Fahrer aber leider einen Strich durch die Rechnung gemacht, es gab nämlich in ganz Bolivien Blockaden an den Grenzen der Departamentos ("Bundesländer" in Bolivien) Blockaden, und ebenso um die größeren Städte herum.
Also saßen wir erstmal in Cochabamba fest. Für diese Zeit dürften wir wieder bei den Josefsschwestern übernachten, was uns sehr gefreut hat, denn wir haben alle drei sehr ins Herz geschlossen, wie auch die Studentin Jhenny.
Wir nutzten die freien Tage, um Sachen zu kaufen, denn in Cochabamba ist alles viel günstiger als in Sucre, und auch um die Schwestern ein bisschen zu bekochen. Ich glaub drei Auflaufformen voll Lasagne waren zwar doch etwas viel, aber sie haben sich darüber genauso gefreut wie über die Waffeln und den Kuchen.
In Cochabamba besuchten wir noch den Parque Familiar (Familienpark) der Aguas Danzantes (Tanzende Wasser). Dieser wurde erst Ende letzten Jahres eröffnet und ist nur abends an zwei Tagen in der Woche geöffnet. Der Park besteht aus fünf verschiedenen Springbrunnen in allen Formen die mit buntem Licht angeleuchtet werden. In dem größten Wasserfall wurde sogar ein kleiner Film über Cochabamba gezeigt.

Am sechsten Februar begann der Karneval in ganz Bolivien. Wir waren unglücklicherweise in dieser Zeit in Cochabamba auf dem Markt, um ein paar Dinge einzukaufen. Warum "unglücklicherweise"? Na ja, weil der Karneval in Bolivien einer sehr nasse Angelegenheit ist. Hier ist es an Karneval nicht nur Brauch zu tanzen – wie an allen Festen – sondern auch die anderen Leute mit Wasserbomben, Wasserpistolen und Schaumspraydosen abzuwerfen und abzuschießen.
Lara und ich versuchten uns in einem Taxi zu verbarrikadieren, um zumindest zu vermeiden klatschnass nach Hause zu kommen. Denn etwas nass waren wir schon und wir wollten noch am gleichen Abend nach Sucre fahren, da die Bloqueos eine Pause machten.
Das ging allerdings leider nur so lange gut, bis eine Gruppe von Kindern auf die Idee kam, die Türen vom Taxi aufzumachen (war leider nicht abschließbar) und am Ende waren nicht nur wir beide sondern auch Taxifahrer und Taxi durchtränkt. Ich glaube, der Taxifahrer arbeitet nun nicht mehr an Karneval – oder er hat endlich das Schloss reparieren lassen.

Nach den ewigen Ferien begann am 15. Februar endlich wieder unsere Arbeit im Comedor. Eigentlich sollte sie schon früher beginnen, denn die Schule fängt in Bolivien (theoretisch) am ersten Februar wieder mit dem neuen Schuljahr an. Da die meisten Kinder über Karneval aber noch gar nicht zur Schule gegangen sind, hat auch der Comedor erst aufgemacht, als genug Kinder da waren.
Mit dem Beginn des neuen Schuljahrs bekamen wir auch viele neue Gesichter – nicht nur die Erstklässler sondern auch viele Ältere. Ich betreue jetzt die Viert- und Fünftklässler und habe schnell gemerkt, dass vor allem die Neuen viel Hilfe benötigen, da einige nicht einmal die Einserreihe des Einmaleins können.
Ich habe mich mit ein paar der Eltern unterhalten und schnell den Grund herausgefunden: Viele der Eltern können selbst weder lesen noch schreiben oder rechnen, und so sind die Kinder auf sich allein gestellt. Und wenn ein Kind von alleine lernen und wiederholen soll, dann macht es natürlich alles – außer lernen.

Ich bin mit meinen Schülern jetzt in einem eigenen Raum, wo ich den Kindern viel besser und intensiver helfen kann. Ich unterstütze sie bei den Hausaufgaben und kontrolliere, dass jeder seine Hausaufgaben macht. Sind sie fertig, lerne ich mit ihnen weiterhin das Einmaleins und/oder Lesen, je nachdem wo der Bedarf des Kindes größer ist.
Lesen können die meisten zum Glück ganz gut, und es macht ihnen auch sehr viel Spaß, denn wir lesen im Moment "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" von Michael Ende. Einige meiner Schüler, zum Beispiel Primo und Marcelo, sind sehr gut im Lesen und würden am liebsten gar nicht mehr aufhören, aber natürlich muss ich auch mit den anderen lesen – vor allem mit denen, die es noch nicht so gut können.
Ich habe jetzt also 28 Schüler, 16 in der vierten und 12 in der fünften Klasse, die übrigens jetzt am Donnerstag, dem 17., einen Test bei mir schreiben müssen. Da freuen sie sich natürlich schon sehr drauf. Einfach ist es nicht mit so vielen Schülern gleichzeitig fertig zu werden und dafür zu sorgen, dass alle ihre Hausaufgaben ordentlich machen. Aber im Laufe des Monats April soll noch etwas Unterstützung durch eine weitere Lehrerin kommen.

Anfang März hatten wir außerdem einen eintägigen Besuch von neun Deutschen und Schwester Silvia aus Cochabamba. Diese kleine Gruppe unterstützt schon seit einigen Jahren verschiedene Projekte der Josefsschwestern in Bolivien. Da der Comedor auch eins dieser Projekte ist, haben sie sich unsere Arbeitsstelle einmal angeschaut. Das war ein ziemlich aufregender Tag, der morgens schon durch Putzen und Basteln von uns Mitarbeiterinnen vorbereitet wurde.
Zum Mittagessen kamen sie dann endlich in den Comedor und wurden von einem (sehr lauten) "¡Bienvenidos!" willkommen geheißen. Die Kinder haben sich nach der Schule extra vor einem Willkommensplakat versammelt und gespannt auf den kommenden Besuch gewartet.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen gab es erst ein Ständchen von vier meiner Schüler, die auf ihren Zampoñas (Panflöten) drei bolivianische Lieder zum Besten gaben, und später eine Runde Haribo und Lutscher für die Kinder. Nach dem Abendessen gab es sogar ein Eis für jeden – ich hab die Kinder noch nie so schnell ihr Essen verschlingen sehen – und sechs neue Bälle für alle. Daraufhin sind wir alle gleich zu Cancha (Bolzplatz) und haben gemeinsam mit unserem Besuch Fußball und andere Spiele gespielt.

Nun geht meine Arbeit noch eine Woche normal weiter, bis etwas ganz besonderes passiert: Meine Eltern kommen zu Besuch. Ich bin schon sehr gespannt und freue mich riesig, ihnen mein Leben und meine Arbeit hier zeigen zu können, und dass sie hautnah miterleben dürfen, wovon alle anderen nur hören.

- Luisa