MaZ:Zeugnisfeier in der Kinderkrippe

Seit dem 28. August arbeite ich nun unter der Leitung der Organisation Cristo Vive in einer Kinderkrippe in Santiago (Recoleta), der Hauptstadt Chiles.

Mein Tag auf der Arbeit fängt um 8.30 Uhr an, indem ich den Gruppenraum ein bisschen aufräume, und sobald ein Baby kommt, Milch verteile/füttere.  Anschließend werden die Babys begrüßt mit ein paar Liedern, wovon eines sogar einen kleinen Teil Deutsch enthält. Dann wird eine Aktivität ausgeführt, die unterschiedliche Aspekte sowie den Wissensdurst im Leben der Kinder fördern, wie zum Beispiel Sprachförderung, Physiomotorik oder ähnliches.  Während der Aktivität findet das erste Wickeln statt. Die Kinder werden dreimal am Tag alle nacheinander gewickelt.

Um 10.30 Uhr dürfen die Kinder auf den Patio (Spielplatz und Rasenfläche), der mit einem Sandkasten, einem Klettergerüst sowie einem kleinem Holzschiff, das von Freiwilligen erbaut worden ist, liebevoll und ausreichend ausgestattet ist. Kurz nach 11.00 Uhr gibt es Mittagessen für die Kleinen, und danach findet der zweite Wickelvorgang statt.
Anschließend schlafen die Babys von halb 12 bis circa 2 Uhr. Hier "klopft" man die größeren Kinder übrigens in den Schlaf, also sachte auf den Rücken tätscheln, um sie zu beruhigen, oder man rollt die Betten, die "Cunas" heißen, bei den ganz Kleinen hin und her.
Nach dem Mittagsschläfchen bekommen die Kleinen nochmal Milch und dann findet eine weitere Aktivität statt sowie der dritte Wickelvorgang. Freies Spielen kommt selbstverständlich auch nicht zu kurz.

Von Montag bis Donnerstag werden die Babys um 16.30 Uhr abgeholt und Freitags um 15 Uhr. Für die Babys/Kleinkinder, die länger bleiben, gibt es eine "Extensión" (Zusatzschicht), an der ich jeden zweiten Tag teilnehme mit einer anderen Freiwilligen.
Ansonsten wird Klopapier gerissen, um Taschentücher zu falten, die Sala für den nächsten Tag vorbereitet oder Dekorationen für die verschieden Jahreszeiten/Feste angefertigt. Freitags findet immer ein Großputz statt, bei dem alle Spielzeuge gewaschen werden, weil die Kleinen in der oralen Phasen sehr viel mit dem Mund erkunden.

Ich habe natürlich nicht alleine gearbeitet. Mein Team besteht aus einer Educadora (etwa: Erzieher) und drei weiteren Tías (etwa: Kinderpfleger). Um kurz zu erklären, was die Begriffe bedeuten: Die Educadora hat fünf Jahre an einer Universidad (etwa: Hochschule/Fachhochschule) studiert und die Tías haben eine zweijährige Ausbildung genossen. In der Krippe gibt es insgesamt vier Salas (Gruppen) mit jeweils einer Educadora und drei Tías sowie einer Freiwilligen.

Und nun zum Privateren:
Ich lebe in einer Freiwilligen-WG in Recoleta mit vier anderen Mädchen, die ebenfalls in Einrichtungen der Fundación (Stiftung) arbeiten, zusammen. Wir verstehen uns sehr gut und unternehmen viele Ausflüge zusammen.
Im Rückblick auf das halbe Jahr kann ich sagen, dass ich unglaublich viel im Umgang mit Babys/Kleinkindern gelernt habe. Am Anfang war es sehr ungewohnt, mit so kleinen verletzlichen Kindern zu arbeiten. Aber ich hatte ein tolles Team von Kolleginnen in meiner Sala, die mich gut angeleitet haben und mir stets alle Fragen beantwortet haben.

Des Weiteren habe ich sehr viel über die chilenische Kultur und das Land kennen gelernt.
Mir sind hier die Chilenen unglaublich hilfsbereit und froh begegnet. Besonders erlebt habe ich dies in der Kirche von Schwester Karoline, die die Fundación Cristo Vive gegründet hat. Es wird sehr viel gesungen und das Leben an sich wird gefeiert, wie mir scheint.  Die Hilfsbereitschaft merke ich sowohl in der Kinderkrippe als auch in der Kirche, wenn zum Beispiel Geld oder Spenden für eine gute Sache gesammelt werden (wegen der großen Waldbrände) oder ähnliches. Auch Feste oder Aktionen wie Bingo sind allgemein verbreitet, um ein Anliegen zu unterstützen.
Oder natürlich wenn der Nachbar einem mit einer helfenden Hand und einer Leiter über den Zaun hilft, weil man mal wieder den Schlüssel vergessen hat.

Besonders Weihnachten war ein spannendes Thema. Kekse backen, Dekorationen basteln für die Krippe sowie einen kleinen Tannenbaum im Haus aufstellen gehörte natürlich dazu. Auch bei 35 Grad und prallem Sonnenschein. Und natürlich auch ein klein bisschen Heimweh, denn Weihnachten ohne Familie und die heimische kalte, stille und heilige Nacht war schon ein Erlebnis, an dem ich sicherlich gewachsen bin, auch wenn es nicht leicht war.
Da Weihnachten und Silvester 2016 auf ein Wochenende gefallen sind, beschloss die chilenische Regierung zwei Wochen vor Neujahr, dass der Montag nach Neujahr frei ist, was für alle eine erfreuliche Nachricht war.

Das Ereignis was mich wohl am meisten erstaunt hat, war die "Graduación", also die Abschlussfeier der Babys der Sala Cuna (Kinderkrippe). Jedes Baby, das in den Kindergarten wechselte (also bald drei Jahre alt werden), bekame auf einer Bühne ein Zertifikat überreicht (natürlich mit Mama oder Papa an der Hand). Anschließend gab es Kuchen, Eis und Snacks.
Meine Babys waren zu klein, um in den Kindergarten zu wechseln, aber das hat niemanden davon abgehalten, den Babys zum Abschluss des ersten Kinderkrippenjahres zu gratulieren und dies zu feiern. Die Feste haben mir sehr gut gefallen und ich vermute, dass die Chilenen wirklich gerne feiern - auch die kleinen Erfolge des Lebens.

Das letzte halbe Jahr war mit Sicherheit das aufregendste und spannendste halbe Jahr in meinem Leben. Ich hoffe auf viele weitere Erlebnisse und auf ein noch tieferes Eintauchen in die chilenische Kultur.

- Veronica