MaZ: „Es gibt immer einen Grund dankbar zu sein“

Julia meldet sich aus Mexiko, wo sie zuerst als Au Pair war und jetzt als Missionarin auf Zeit bei einer Kommunität der Steyler Schwestern in Oaxaca lebt und in einem Kindergarten mitarbeitet. 

Julia (2.v.r.) hat sichtlich Freude mit den Schwestern der Kommunität in Oaxaca

“Buenos días! Yo no hablo español.” Vor einem Jahr waren das meine ganzen Spanischkenntnisse. Wenn ich an die Zeit zurückdenke, macht es mich selbst stolz, was ich erleben, lernen und sehen durfte. Versteht mich nicht falsch, es lief nicht immer alles perfekt und tatsächlich muss ich auch zugeben, dass ich am Anfang mit der Gesamtsituation unzufrieden war. 

Vor Corona bereitete ich mich in Deutschland auf meinen Einsatz auf den Philippinen vor und hatte ein anderes Bild von meiner Zukunft, als es eben mit Corona möglich war. Ich war sehr fokussiert auf das Land und mir fiel es sehr schwer zu akzeptieren, dass nun jemand anderes für mich zu entscheiden schien und alles nicht so lief, wie geplant. Corona empfand ich als eine große Probe und das nicht nur für mich, sondern für uns alle. Die Ausreise für unseren Jahrgang war im weltweiten Rahmen nicht möglich. Jedoch gelang es mir durch meine Hartnäckigkeit eine Stelle als Au Pair in Mexiko City zu finden und danach ein halbes Jahr als MaZ anzuhängen.

Durch eine Anhäufung von Zufällen, die mir dieses Jahr ermöglicht haben, kam mir der Gedanke: Gott, hast du das etwa alles geplant? Ich glaube auf diese Frage hat jede*r ihre*seine eigene, persönliche Antwort. 

Doch nun kommen wir zu meiner Ankunft in Oaxaca, nachdem ich bereits meine neunmonatige Arbeit abgeschlossen hatte. Mein erster Eindruck in Oaxaca war: „Wow!“. Es waren unglaublich viele Eindrücke auf einmal. Der Temperatur-Unterschied, das verwirrende Verkehrsleben, die Mototaxis, die Straßenhunde, Cuetes (Böller, die auch schon früh morgens angezündet werden), die Sprache, einfach das Gefühl, das in der Luft zu liegen schien. Von Mexiko City kannte ich schon einiges, doch Oaxaca, das mit dem Bus acht Stunden entfernt liegt, war nochmal etwas ganz anderes. Spanisch habe ich glücklicherweise vorher erlernt, doch nun kam es darauf an, das Erlernte auch anzuwenden. Die Architektur ist so anders, als das Haus in dem ich in Mexiko City gelebt hatte. Das Gemeindehaus ist offen, einfach, doch auch so viel lebendiger. Das Haus allein wirkt schon herzlich und einladend und ich habe das Gefühl, die sechs Schwestern, die hier leben, steigern das noch. 

Meine ersten zwei Wochen verbrachte ich in Quarantäne und anschließend habe ich die Umgebung erforscht. Nachdem ich die erste Zeit der Freizeit genossen hatte, begann meine Arbeit im Kindergarten „Estancia Infantil J. Stenmanns“. Gemeinsam mit einer Erzieherin arbeite ich in der Gruppe der Kleinsten mit. Die Kinder sind zwischen ein und zweieinhalb Jahren alt. Ich bin bis heute begeistert von der Arbeit. Man merkt schnell, dass meine polnisch-katholische Erziehung nicht ganz so zu der mexikanischen Gelassenheit passt, doch in dem Kindergarten habe ich die goldene Mitte zwischen Strenge und Spaß erlernt. 

Obwohl die Kleinen oft meine ganze Energie beanspruchen oder ich gestresst bin, beobachte ich sie für einen Moment lang und alles um mich herum wird unwichtig. Wenn man in diese Gesichter mit den knopfbraunen Augen schaut und sie sich dann noch mit einem frechen Grinsen um das Bein klammern, kann man einfach nicht anders. Mein Herz schmilzt dahin. Auch mit den anderen Erzieher*innen, die überwiegend in meiner Altersgruppe sind, herrscht eine schöne Atmosphäre.

Das merke ich auch generell im Umgang mit den Mitmenschen hier. Sie sind sehr aufmerksam und es ist immer ein Wechsel zwischen Geben und Nehmen. Was mich besonders fasziniert, ist die Dankbarkeit. Beispielsweise besitzt in meinen Augen eine ältere Dame nicht besonders viel, doch sie dankt Gott jeden Tag für das, was sie hat. Dieses Vertrauen und die Dankbarkeit entdecke ich in den Menschen, die mir begegnen, sie sind offen und fröhlich und dabei sehr aktiv. Im Dorf selbst werden viele Feste gefeiert, auch wenn mir immer wieder gesagt wird, wieviel durch Corona ausfällt. Die Menschen investieren sehr viel Zeit und Geld in Feste, was mir nochmal zeigt, dass es immer etwas zu feiern gibt beziehungsweise, wofür man dankbar sein kann. Bei den Festen ist jede*r herzlich willkommen und eingeladen.

Mexiko hat auf jeden Fall mein Herz erobert und auch, wenn mein Einsatz hier bald zu Ende geht, wird das kein Abschied für immer sein. Auch wenn ich viele schreckliche Schicksalsschläge von den Menschen mitbekomme, zeigen sie mir, dass Zusammenhalt (solange man loyal ist) enorm wichtig ist. Das kann man auch auf die Steyler Schwestern übertragen, da sie auf der ganzen Welt verstreut sind und doch gemeinsam unterwegs sind. In der Kommunität waren zu Beginn zwei Schwestern aus Indonesien, drei aus Mexiko, eine Schwester aus Indien und nun eine Freiwillige aus Deutschland mit polnischen Wurzeln. Kleiner Fakt zum Schluss: Papst Johannes Paul II. war in Oaxaca, was die Polin in mir glücklich macht.

Julia

Mehr zum Freiwilligendienst Missionar*in auf Zeit gibt es hier

Ankunft bei den Schwestern
Weihnachten feierte Julia in der Kommunität
Üppiger Schmuck beim Patrozinium
Der "Tag der Toten" ist einer der wichtigsten Feiertage in Mexiko
Der Kindergarten, in dem Julia arbeitet