MaZ: Farbenfrohe Frühlingsgrüße & Feliz Páscoa!

Für mich ist es kaum zu glauben, dass der letzte Rundbrief bereits ein Vierteljahr zurückliegt. Die Zeit in meinem MaZ-Einsatz in Lissabon scheint zu verfliegen. Gleichzeitig hätte ich aber nicht gedacht, dass ich in drei Monaten so viel erleben und so viele neue Erfahrungen sammeln kann.

Marlene entdeckt beim Schmücken der Kirchen fürs Osterfest ihren grünen Daumen

Besonders die letzten zwei Aprilwochen inklusive der Osterfeiertage waren sehr ereignisreich. Während ich normalerweise in Deutschland an Ostern lediglich einen Gottesdienst besuche und gemeinsam mit meiner Familie einen entspannten Tag verbringe, war ich hier in Lissabon in die verschiedensten Oster-Vorbereitungen involviert. Von Bastelaktionen mit den Kindern der Gemeinde, über Tätigkeiten als Floristin bishin zu Lieferdiensten war alles dabei. Ich bin selbst immer wieder davon überrascht, wie vielseitig mein Aufgabenbereich als Freiwillige sein kann. Als ich hier angekommen bin, hätte nicht erwartet, dass ich nach einigen Monaten schon so gut in die Gemeinde integriert bin. Es freut mich riesig und ist mir eine Ehre, dass mir von den Schwestern und den Einheimischen so viel Vertrauen entgegengebracht wird. So sind mir in meiner Kreativität kaum Grenzen gesetzt.

Zum einen kann ich einige kreative Aktivitäten mit den Kindern in den Katechese-Stunden organisieren. Voller Vorfreude auf das Osterfest haben wir gemeinsam einen Fastenzeit-Weg gestaltet und Osterhasen gebastelt. Egal mit welcher Stimmung ich in der Katechese-Stunde ankomme, die Mädchen und Jungen der Gemeinde schaffen es immer, mich zum Lachen zu bringen. Vor allem dann, wenn mir einige von ihnen schon von Weitem strahlend zuwinken und mich zur Begrüßung umarmen, empfinde ich pure Freude. Während der Gruppenstunden am Samstagnachmittag zählt die Gemeinschaft und das Gefühl, aufgehoben zu sein. Jede Woche treffen wir uns draußen, auf dem Vorplatz der kleinen Kapelle. Obwohl wir in einem Stuhlkreis zwischen mit Graffiti beschmierten Hochhausblocks sitzen, lassen es sich die Kinder nicht nehmen, zu singen, zu beten und zu spielen. Für diese Unbeschwertheit und den Blick auf das Positive bewundere ich sie sehr.

Zum anderen durfte ich meine Kreativität bei der Dekoration der Kirchen ausleben. Zu Ostern, dem Hochfest der katholischen Kirche, wurden sowohl die Kirchen in Lissabons Stadtzentrum, als auch die Kapelle in Casal De Cambra prächtig geschmückt. Die Steyler Missionsschwestern sind für den Blumenschmuck in einigen, auch größeren Kirchen verantwortlich und boten mir an, dass ich mich als Floristin versuchen dürfe. Nie hatte ich mir Gedanken darüber gemacht, wie viel Arbeit in einem Blumenstrauß steckt, aber auch wie viel Spaß es macht, diese zu binden. Vielleicht komme ich tatsächlich mit einem grünen Daumen nach Hause zurück, wenn nicht zumindest mit einem grünen kleinen Finger :)

Eine weitere und wohl auch die aufwendigste Oster-Aktion war die Verteilung von Oster-Körben in der Pfarrei von São Nicolau, wo ich in der Suppenküche tätig bin. Zum Anlass der Feiertage hat die Gemeinde mithilfe der Freiwilligen 400 große Pakete für bedürftige Familien aus der Umgebung vorbereitet. Als wir die Geschenke an die Personen verteilt haben, konnten einige ihr Glück kaum fassen. Die Personen haben die Osterkörbe mit riesigem Dank entgegengenommen. Auch durch die Corona-Maske war deren Strahlen nicht zu übersehen. Als dann ein Mann vor Dankbarkeit Tränen in den Augen hatte und vor Freude zu weinen begann, ging mir das Herz auf. In diesem Moment wusste ich, hier findet gelebte Solidarität statt. Es liegt als Freiwillige nicht in meiner Hand, die Menschen aus der Armut zu befreien, aber ich kann ihnen hin und wieder eine Freude bereiten. Auch wenn ich bereits wusste, dass Freude wächst, wenn man sie teilt, ist es jedes Mal aufs Neue wunderschön, wenn sich diese Erfahrung bestätigt.

Auch das Osterfest an sich war ein Paradebeispiel dafür, dass die Fröhlichkeit um ein Vielfaches größer wird, umso mehr Leute an ihr teilhaben. Der Oster-Gottesdienst war auf seine eigene Art und Weise sehr feierlich und hat die Kapelle mit Licht und Lebensfreude erfüllt. Die Feierlichkeit kam hier nicht durch besondere Orgel-Ouvertüren zum Ausdruck, sondern vielmehr durch die Hingabe und Liebe, mit welcher die Kinder der Gemeinde singen, Rassel und Trommel spielen. Diese bunte Art, Ostern zu feiern, war für mich eine neue Erfahrung, aber ich zweifelte keine Sekunde daran, dass hier österliche Freude zu spüren war. Mir wurde bewusst, dass die frohe Botschaft über Christi Auferstehung vor Ländergrenzen keinen Halt macht. Obwohl die Menschen, die in Casal de Cambra leben, aus allen Teilen der Erde stammen und verschiedene Oster-Traditionen und Bräuche pflegen, leben und feiern wir gemeinsam die gleiche österliche Freude.

Neben all dem farbenfrohen Trubel, den mein Alltag als MaZ beinhaltet, gibt es auch freie Zeit, um das wunderschöne Land zu erkunden. Auch außerhalb Lissabons hat Portugal einiges zu bieten. Das durften meine MaZ-Kollegin Nina und ich während unseres gemeinsamen Urlaubs an der Algarve erfahren. Mit vollgepackten Rucksäcken waren wir auf einem Fernwanderweg im Süden Portugals unterwegs. Die Landschaft entlang der Atlantikküste hat uns sprachlos gemacht. Steilklippen und spektakuläre Felsformationen sind umgeben von türkisblauem Wasser. Weiße Fischerdörfchen wechseln sich mit tollen Stränden ab. Der Kontrast zur lauten Großstadt hätte größer nicht sein können. Erst in der Ruhe der Natur wurde mir bewusst, wie hektisch das Leben in Lissabon sein kann. Eine Woche lang zu wandern, hatte es wirklich in sich, sowohl körperlich als auch mental, aber diese Erfahrung hat uns auch das ein oder andere gelehrt. Zum Beispiel war ich darüber erstaunt, mit wie wenigen Sachen man auskommen kann. Beim Backpacken versuchten wir uns auf das Wesentliche konzentrieren und dennoch hatten wir zu viel Gepäck dabei. Was brauche ich an Materiellem? Machen mich all die Sachen, die ich besitze, tatsächlich glücklicher? Wie kann ich am besten mit dem Materialismus der heutigen Gesellschaft umgehen? Das waren Fragen, die mir beim Backpacken in den Kopf kamen. Es fühlte sich sehr befreiend an, zu wissen, dass ich alles Notwendige in meinem Rucksack dabeihatte.

Beim Wandern in der Natur beschloss ich, mich in Zukunft mehr zu hinterfragen, was mir eine wahre Freude bereitet. Ich möchte den Fokus mehr auf das Zwischenmenschliche legen als auf Materielles. Immer wieder darf ich in meinem Freiwilligendienst erfahren, dass es die Begegnungen sind, die mir im Gedächtnis bleiben. Sowohl die Familien in Casal de Cambra, als auch die Personen, die täglich zur Suppenküche kommen, haben keinen großen materiellen Besitz. Dennoch oder vielleicht auch gerade deshalb schenken sie mir so oft ein ehrliches Lächeln und ein aufrichtiges „Obrigado!“ (Danke!).

Meine Zeit als MaZ ist vor allem ein ständiges Hinterfragen meiner Selbstverständlichkeiten und ein gegenseitiges Begegnen und Lernen. Genau das wird wohl das wertvollste Souvenir meines Auslandsaufenthaltes werden.

Liebe Grüße von Marlene