MaZ: Zurück aus Sambia

Wie alle MissionarInnen auf Zeit musste auch Josefa ihren Einsatz in Sambia wegen der Corona-Pandemie früher beenden als gedacht. Über ihre letzten Tage und die aktuelle Situation in Sambia berichtet sie hier.

Ein Blick in mein Tagebuch. Ein Blick in meinen Kalender. Der letzte Eintrag ist mit dem 20. März datiert und doch zeigt mir der Kalender an, dass wir bereits den 13. Mai haben. Irgendwie hat sich die Welt weiter gedreht.Und erst fast zwei Monate später schaffe ich es endlich, einen Stift in die Hand zu nehmen, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen und es mir einzugestehen: Ich bin wieder in Deutschland.

Beginnen wir doch von vorne. Vor zwei Monaten war alles noch in bester Ordnung. Ich war in Sambia und kam gerade von einem Seminar zurück, das in Malawi stattgefunden hatte.  Bei dem Seminar habe ich andere Freiwillige getroffen. Wir haben zusammen Ausflüge gemacht und uns auch überlegt, was wir mit den restlichen sechs Monaten so anstellen wollten. Wir sprachen über unsere Pläne, Träume, Wünsche und Ziele. Wir tauschten uns darüber aus,  was uns in der Kultur schwer fällt was uns leicht fällt und was wir unbedingt noch machen wollten.

Doch wie heißt es so schön, der Mensch denkt und Gott lenkt. Naja und so ungefähr lief es dann auch bei mir. Nach dem Zwischenseminar beschloss ich, etwas mehr mit Kindern zu arbeiten und wechselte in den „Kindergarten“, der sich direkt neben unserem Haus befand. Meine Arbeit dort bestand aus einer Mischung von Spielen mit den Kindern und dem Nähen von Sachen, die die Kinder so brauchten. Es waren hauptsächlich Schuluniformen und Mäppchen aber auch Dinge wie Spielsachen und Vorhänge für die Schule angedacht gewesen. Doch wie gesagt Der Mensch denkt…

Also gehen wir nochmals zwei Monate zurück … Wie schon gesagt, war die Welt am 13. März noch in Ordnung. Die Sonne schien wie immer erbarmungslos vom Himmel. Ich arbeitete im Kindergarten, spielte mit den Kindern und kümmerte mich danach darum, dass die Vorhänge unseres Gemeindepfarrers nicht auf dem Boden lagen, sondern die richtige Länge hatten. Es war ein ganz normaler Tag.

Am Samstag, 14. März bekam ich einen Anruf von meiner Verantwortlichen in Deutschland. Sie wollte nur fragen, wie die Situation in Sambia gerade ist. Ich musste schmunzeln wegen dem Wort „Corona“, denn dieses war mir mittlerweile von den Nachrichten bekannt. Naja wenn ich mal Nachrichten las, was dann doch eher selten vorkam. Corona war für mich etwas, das weit weg war und sich auf einem anderen Kontinent abspielte und nichts mit mir oder Sambia  zu tun hatte. Aber ich habe mich mal wieder geirrt.

Bis jetzt ging alles seinen gewohnten Gang. Bis auf einmal am Montag, 16. März die Nachricht kam, dass alle Schulen ab nächsten Montag geschlossen werden sollten, obwohl noch kein einziger Fall von Corona in Sambia bekannt war. Etwas überrascht nahm ich die Tatsache zu Kenntnis. Wahrscheinlich nur für ein bis zweu Wochen dachte ich mir. Doch ich lag wie immer voll daneben.

Ich hatte gerade in der Küche mitgeholfen etwas vorzubereiten, als ich noch schnell in mein Zimmer ging, weil es kurz vor 18 Uhr war und die Anbetung gleich anfangen würde. Und da sah ich die Nachricht. Unscheinbar blinkte sie auf meinem Display und ich dachte mir ganz sicher nichts Böses, als ich mir die Nachricht anhörte. Doch ich wollte es nicht glauben. Vom einen auf den anderen Moment brach für mich die Welt zusammen. Ich musste so schnell wie möglich nach Deutschland zurück.

Von da an überstürzten sich die Ereignisse nur so. Flüge wurden gebucht und wieder storniert. Erst 18. März, dann 24. März… Am 18. März wurden die ersten beiden Corona Fälle in Sambia bekannt und die Flughäfen sollten so schnell wie möglich geschlossen werden. Also wurde der Flug nochmals umgebucht auf 20.März und mit einem der letzten Flüge verließ ich das Land…

Am 20. August 2019 landete ich in Sambia und hätte damals nicht gedacht, dass ich genau sieben Monate später im Flugzeug sitzen würde und nach Deutschland zurückfliege. Ich habe fast zwei Monate gebraucht, um diesen Rundbrief aufs Papier zu bringen und mir selber einzugestehen, dass mein Einsatz in Sambia vorüber ist. Und dennoch möchte ich  dankbar sein für die Zeit, die ich in Sambia hatte und mich nicht darüber über die Zeit beklagen, die ich noch hätte haben können.

Sicherlich interessiert euch alle, wie die Lage gerade in Sambia ist. Während die Nachrichten 24 Stunden über Corona berichten und alles Mögliche darüber erzählen, wird keine Silbe über den Afrikanischen Kontinent verloren. Es scheint im Moment, als ob sich alle um sich selbst kreisen und wir irgendwie vergessen haben, auch auf die anderen zu schauen. Ja, wie schon oben erwähnt, hat Corona jetzt auch Sambia erreicht. Und wie bereits erwähnt, wurden ebenfalls Schulen und Kirchen geschlossen und öffentliche Treffen verboten. Doch während wir diese Maßnahmen einigermaßen ertragen können, sterben dort unten Kinder, weil sie nicht mehr zu Schule können, wo sie die einzige Mahlzeit am Tag bekommen hätten. Die gute Nachricht ist allerdings, dass Sambia „nur “ sieben Todesfälle zu beklagen hat und die Zahl der Infizierten mit 753 im Vergleich zu Deutschland relativ gering ist.

Ein letzter Blick zurück „Würde ich dieses Auslandsjahr wieder machen?“ Ich weiß es nicht. Ich möchte die Zeit in Sambia aber auf keinen Fall in meinem Leben missen. Ich glaube, viele Leute stellen sich Afrika und ein Auslandsjahr faszinierend vor. Und das ist es auch.  Aber wie überall gibt es Höhen und auch Tiefen, Schwierigkeiten und Schönheiten. Aber wie bereits gesagt, ich wollte keinen der Momente in Sambia missen, denn sie machen mich zu dem Menschen, der ich jetzt bin. Ich habe unglaublich viel gesehen, erlebt und gelernt. Gelernt, über den Horizont hinauszusehen, anderen Kulturen und Lebensarten zu begegnen und sie zu verstehen. Viele haben mich bereits gefragt, als ich nach Hause kam: „Und tanzen die Afrikaner wirklich so viel in der Kirche?“ Und meine Antwort : „Nein und Ja“. Es ist ein anderes Tanzen als wir es uns vorstellen und kennen. Es ist nicht das herzlose verrückte Tanzen, das wir aus manchen Gottesdiensten aus Deutschland kennen, welches wir nachahmen und dabei nicht wir selbst sind. Nein, es ist etwas, das zu den Menschen dazu gehört Dinge  auszudrücken. Es ist Tanzen mit Stil, mit Herz. Es gehört dort zu den Menschen, wie zu uns die Pünktlichkeit gehört.

Zu verstehen und zu akzeptieren, dass ich deutsch bin und das kann ich auch nicht ändern. Das beginnt bei der Hautfarbe, Haarfarbe und das ist in Ordnung. Ich bin deutsch, ich bin ich, und dennoch habe ich ein Stückchen Heimat in Sambia  gefunden und bin unglaublich dankbar dafür.

Es wird Zeit, dass wir lernen, wir selbst zu sein und dennoch auf andere mit anderer Hautfarbe, Kultur und Einstellungen offen zuzugehen und zuzuhören. Denn so werden wir einiges besser verstehen. Wir müssen und werden auch nicht immer alles verstehen und  wir werden auch nicht immer einer Meinung sein, aber das ist ok. Wir sind unterschiedlich und doch leben wir in einer Welt. Wir sind eine Einheit, doch jede Kultur ist einzigartig und jeder Mensch etwas ganz besonderes. Sei du selbst. Sei besonders.

Danke für eure Spenden, Gebete und Unterstützung, denn ohne euch wäre das alles nicht möglich gewesen.

Ganz liebe Grüße eure
Josefa