MBB: Vier Wochen Rom – vier Wochen Dolce Vita?!

Wie ist es, den Freiwilligendienst Mission Beyond Borders (MBB) in Rom zu absolvieren? Franziska hat darauf eine klare Antwort: „Für mich ist es ein Gefühl von ‚Nach-Hause-kommen‘. Als wäre das hier der Ort, an den ich gehöre.“

Wie so viele Deutsche habe ich in meinem Leben etliche Ferien in Italien verbracht. Und vielleicht ist das das Einprägsamste am Leben und Arbeiten in Rom. Wenn man so durch die Stadt spaziert oder einfach nur einen Kaffee mit Blick auf das Kolosseum trinkt, stellt sich sofort das Gefühl von Urlaub ein. Noch dazu habe ich in meiner ersten Woche mit den Terziatsschwestern das komplette Touri-Programm abgearbeitet – zum Höhepunkt gab es einen Aperol im Sonnenuntergang auf dem Gianicolo – ein Hügel, der von Trastevere bis zur Vatikanstadt verläuft.

Nach der anschließenden zweiwöchigen Coronapause habe ich endlich mit meiner Arbeit in der Mensa des „Centro Astalli“ angefangen. Ein weiteres Mal bin ich „nach Hause gekommen“. Das Centro ist eine Anlaufstelle für Geflüchtete in Rom, wo sie Sprachkurse und Hilfe bei den Fragen des Alltags bekommen. Mit meinen eher mäßigen Sprachkenntnissen stand ich dort zwischen Vollblut-Römern. Der Koch, der ganz offensichtlich das Sagen hat, scheucht seine Gehilf*innen (mich eingeschlossen) durch die Gegend, es wird wild gestikuliert, im Hintergrund läuft Opernmusik und dann kommt einer und bringt für alle einen Kaffee. Es ist wie in einem klischeehaften Film – und ich darf ein Teil davon sein.

Meine Kolleg*innen freuen sich, wenn sie mich mit „Guten Morgen“ begrüßen können, wir diskutieren über das Oktoberfest und der Koch nennt mich „Meine Liebe“. Gleichzeitig bekomme ich in der Mittagspause private Italienischstunden von den Kolleg*innen, sodass ich ganz nebenbei enorme Sprachfortschritte mache. Letzte Woche haben sie mir beigebracht, wie man die korrekte italienische Handbewegung macht, denn sonst könne ich ja niemals richtig Italienisch sprechen.

Mittlerweile läuft auch mein Sprachkurs. Auch der findet im Centro Astalli statt und ist eigentlich ein Kurs für die Geflüchteten. In der ersten Lektion haben wir eine Vorstellungsrunde gemacht – wie wir heißen, wo wir herkommen und was unsere Motive sind, Italienisch zu lernen. Und dann sitzt du da als Deutsche und darfst den Geflüchteten aus der Ukraine, Afghanistan, Somalia, dem Kongo, erzählen, dass du ganz oft in Italien Urlaub gemacht hast und die Sprache daher unbedingt lernen wolltest. Und während die anderen Kursteilnehmer*innen frustriert berichten, wie schwierig die Arbeitssuche ist und, dass sie ohnehin auf den Ämtern als Ausländer*innen erst mal mit Ablehnung behandelt werden, kannst du erzählen, dass du auf Kosten deiner Eltern und der EU zum Spaß an der Freude ehrenamtlich arbeitest? Mit einem Mal hat sich meine Realität verschoben. Aus dem diffusen Begriff „die Geflüchteten“ wurden Gesichter – Gesichter freundlicher, herzlicher Menschen, die mir ganz offen und ohne Neid begegnen. Aber was erzähle ich dem türkischen, kurdischen Mann, der neben mir sitzt und erzählt, dass er aus Deutschland abgeschoben wurde? Und jetzt sitzt er hier in Rom und findet keine Arbeit…

Ich bin bereits jetzt unendlich dankbar für die Erfahrungen, die ich hier sammeln kann. Denn auch wenn ich im Großen nichts an der Situation ändern kann, kann ich meine Einstellung verändern. Und ich werde auch in Deutschland die Geflüchteten nie wieder so sehen wie davor. Und ich stehe hier weiterhin jeden Morgen auf und freue mich, arbeiten zu gehen.

Franziska