MaZ: „Kein Foto kann die Atmosphäre, das Leben einfangen“

In den ersten beiden Monaten auf den Philippinen hat Josia nicht nur seine MaZ-Einsatzstelle kennengelernt, sondern sich auch den eigenen Wurzeln genähert. Von seinen ersten Eindrücke zur Kultur, der Sprache und zum Essen liest du hier.

Josia vor dem berühmten Schriftzug am Boulevard in Dumaguete

Ich bin nun seit zwei Monaten auf den Philippinen und kann bisher sagen, dass es sich für mich gelohnt hat. Mein Einsatzort ist die Stadt Dumaguete, die auf Negros liegt, einer der zentralen Inseln im Visayas Gebiet. Dort lebe ich bei YWAM Dumaguete (Youth with a Mission) in einem Haus mit 17 Filipinas und Filipinos. Der Staff besteht dabei aus zwei Ehepaaren, die die Leitung haben, sieben Vollzeitmitgliedern und drei Studentinnen, die ein neunmonatiges Bibelstudienprogramm absolvieren. Dazu gibt es vier Kinder im Alter von sieben Monaten bis 17 Jahren. Neben den missionarischen Diensten in unter anderem zwei Stadtteilen Dumaguetes studiert ein Großteil des Staffs.

Meine Einsatzstelle ist bei LCP (Little Children of the Philippines). LCP unterstützt Kinder und Jugendliche bei deren schulischer Ausbildung bis hin zu deren Abschluss von einer Universität. Dies erreichen sie durch generelle finanzielle Unterstützung der Familien und Stipendien der Schüler*innen und Studierenden. Außerdem betreibt LCP ein Kinderheim, das „Hope Village“, in dem Waisenkinder und Kinder, die misshandelt wurden oder kein Zuhause mehr haben, leben. Diese leben dort, bis sie die Schule abgeschlossen haben. Sobald sie anfangen zu studieren, werden sie langsam darauf vorbereitet, allein zu wohnen.

Ich selbst arbeite mit dem Koordinator der Vorschulen zusammen. LCP betreibt derzeit sieben Vorschulen in verschiedenen Stadtteilen, mit jeweils bis zu 15 Kindern. Seit Anfang Oktober bin ich außerdem Lehrer in einer Schule für Kinder, die nicht zur Schule gehen können, weil ihre Eltern nicht genügend Geld haben. Die Schule heißt „School on Wheels (SOW)“, wir holen die Kinder morgens mit einem Auto ab und bringen sie mittags wieder zurück. Derzeit haben wir täglich zehn bis 15 Schüler*innen und unterrichten sie von Montag bis Donnerstag in Mathe, Sprachen (Englisch und Cebuano) und Naturwissenschaften.

Dumaguete ist eine wunderschöne Stadt mit etwa 100.000 Einwohner*innen. Ein großer Teil sind Studierende der vier Universitäten. Ich falle nicht sehr stark auf, da eine der Unis eine internationale Universität ist, weshalb hier viele andere Ausländer*innen herumlaufen. Es gibt viele junge Menschen, was es einfach macht, neue Menschen kennenzulernen. Darüber hinaus wird Dumaguete immer als Stadt der netten Menschen beschrieben, und mein bisheriger Eindruck bestätigt das.

Woran ich mich noch gewöhnen muss, sind die Sonnenstunden. Die Sonne geht hier nämlich immer um fünf Uhr morgens auf und um sechs Uhr abends unter. Die Mischung warm, aber dafür abends früh dunkel, ist sehr verwirrend, weil ich es von Deutschland anders gewohnt bin. Dafür kann man abends echt gut spazieren gehen, weil es schön abkühlt und die Temperatur nur noch knapp über 20 Grad beträgt. Der Boulevard am Meer eignet sich dafür besonders gut, weil manchmal Sportevents stattfinden, an denen man entweder teilnehmen oder zuschauen kann. Die Weihnachtssaison hat auch schon angefangen und der Boulevard ist schön geschmückt. Hier auf den Philippinen fängt die Weihnachtszeit mit dem ersten Oktober an und ab dann kann man überall Weihnachtsschmuck sehen und Weihnachtslieder hören. Einer der wenigen Nachteile: „Last Christmas“ als Cover ist immer noch nicht schön anzuhören.

Die Philippinen zu besuchen, war schon lange ein Wunsch von mir, da ich das Land und die Menschen kennenlernen wollte. Deswegen waren die zwei Monate bisher sehr schön für mich. Jedes Mal, wenn ich Essen probiere oder neue Wörter auf Cebuano sage, freuen sich die Menschen, weil ich einen Teil ihrer Kultur aufnehme. Besonders am Anfang wurde ich bei jedem Essen gefragt, ob es mir schmeckt oder mir wurde noch eine Süßigkeit oder Frucht angeboten, um das auch zu probieren. Ich habe alles gerne angenommen, weil ich so viel wie möglich erleben wollte und will. Meine Sprachkenntnisse sind noch lange nicht gut genug, um an Gesprächen teilzunehmen, mittlerweile verstehe ich aber manchmal einzelne Gesprächsfetzen.

Wenn ich eine Frage beantworte, die eigentlich auf Cebuano gestellt wurde, ist die Reaktion immer sehr groß und erfreut. Ich merke auch den Unterschied, wenn ich dann etwas, auf Cebuano sage. Zum Beispiel in der Schule. Normalerweise unterrichte ich nicht allein, sondern mit einer Praktikantin, manchmal ist sie aber nicht da. Wenn ich nur Englisch sprechen würde, könnten die Kinder mich nicht verstehen. Die sind erst fünf bis sieben Jahre alt und können sehr wenig Englisch. Und selbst einfache Fragen wie „unsa ni?“ („Was ist das?“) machen die Kommunikation viel einfacher. Die Menschen sind dann noch offener und freundlicher. Und auch wenn wir am Anfang zwei Wochen Sprachunterricht hatten, hat das nicht gereicht, um die Sprache gut genug zu lernen. Wenn ich aber nachfrage, was dieses oder jenes Wort bedeutet oder wie man das sagt, wird mir mit großer Freude geholfen.

In meiner Zeit hier habe ich festgestellt, dass die Philippinen anders sind als Deutschland. Das ist natürlich keine Überraschung, aber die Unterschiede sind teilweise doch größer als ich gedacht hatte. Allein die Natur: Selbst einfache Wälder haben eine andere Struktur. So stehen in den meisten Wäldern hauptsächlich Palmen. Dazu kommen die Strände, das Meer, Wasserfälle, die Berge und einfach die generelle Atmosphäre. Ich habe einen privaten Blog und versuche dafür immer wieder schöne Stellen zu fotografieren. Die Fotos können aber nie diese Atmosphäre, das Gefühl einfangen und sehen bei Weitem nicht so schön aus wie das Original.

Das beste Beispiel dafür ist der Verkehr: Der ist irgendwie total chaotisch und wild, es gibt kaum Verkehrsschilder und die einzige Regel, die existiert ist, „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Und trotzdem funktioniert der Verkehr sogar ohne Ampeln. Das bewundere ich  wirklich, aber genauso vermisse ich die Ordnung und die Schilder aus Deutschland.

Bei all den wunderschönen Stränden und Wasserfällen sind es für mich die Menschen, die die Philippinen so besonders und schön machen. Zu keinem Zeitpunkt habe ich mich an einem Ort nicht willkommen gefühlt. Dazu kommt diese Freude, wenn ich etwas Traditionelles ausprobiere oder typisch Philippinisches esse. Das wird nochmal dadurch verstärkt, dass ich philippinischen Wurzeln habe. Deswegen wurden mir immer wieder Sachen angeboten, weil ich „doch Filipino bin“, die Reaktion auf meine Offenheit ist fast immer die Gleiche: Alle freuen sich und sagen, „jetzt bist du ein echter Filipino“.

Josia

Gemeinschaft des YWAM auf dem Buglasan-Festival in Dumaguete
Eine traditionelle Hochzeit: das Hochzeitspaar mit dem Staff von YWAM
Üben des Alphabets mit den Kindern
Jeden Donnerstag geht Josia mit den Leuten aus YWAM zum Fellowship mit Studierenden aus der unterschiedlichen Universitäten.