MaZ: Zwischen Moderne und Tradition

Vor genau einem Jahr, bei einem MaZ-Infoseminar, hörte Fiona das erste Mal von der Möglichkeit eines Freiwilligendienstes in Bolivien. Jetzt ist sie wirklich dort und erzählt in ihrem Rundbrief, wie ihr Alltag aussieht und was sie am Land besonders schätzt.

Mit den Kindern hat Fiona Armbänder gemacht.

Es fühlt sich an, als sei es gestern gewesen, als ich zum ersten Mal von der Möglichkeit hörte, meinen Freiwilligendienst in Bolivien zu machen. Erstmals wurde meine Vorstellung von meinem Leben in einem Jahr konkreter und doch lag es noch so weit in der Zukunft. Niemals hätte ich damals gedacht, wie zuhause ich mich nach keinen vier Monaten in diesem fremden Land fühlen würde. Und gleichzeitig kann ich es jetzt manchmal immer noch nicht glauben, dass ich mich in Cochabamba befinde, in Südamerika, was so lange mein Traum gewesen ist.

Mit Cochabamba habe ich auch die genau richtige Wahl getroffen. Die Fundación Estrellas en la Calle ist, wie ich sie mir vorgestellt habe, wenn nicht sogar besser. Ich liebe ihre Motive und Wertvorstellungen und fühle mich dort sehr wohl und kann viel lernen. Ich arbeite in einem der zwei Projekte der Fundacion, im Projekt Fenix, einer Tagesbetreuung für Kinder aus schwierigen, ärmeren Verhältnissen. Obwohl ich am Anfang ziemlichen Respekt davor hatte, Verantwortung für so viele Kinder zu übernehmen, finde ich nun wahren Gefallen daran, mir Aktionen für die Kinder zu überlegen, die sie zum Lachen bringen und wodurch ich ihr Leben ein kleines bisschen besser machen kann. Am liebsten überlege ich mir lustige Bastelideen, die mir schon gefielen, als ich in ihrem Alter war, oder lerne neue Spiele von ihnen. Ich merke, dass unsere Arbeit wirklich einen großen Einfluss auf die Kinder hat, was die Zeit dort sehr bereichernd für mich macht.

Aufgrund fehlender Kapazitäten kommen die Kinder nur alle zwei Tage zum Projekt, an den restlichen Tagen gehen wir, meine Kolleg*innen Vanessa, Claudio und ich, in die nahegelegenen Schulen, mit welchen Fenix zusammenarbeitet und führen Aktionen mit den Schüler*innen durch. Manchmal bleiben wir aber auch im Projekt und bereiten Aktivitäten vor oder erledigen den Papierkram. Das kann manchmal eintönig sein, weshalb ich froh bin, dass immer wieder Praktikant*innen der Uni vorbeikommen und helfen und ich mit einem MaZ der Franziskaner einen guten Kollegen und Freund gewonnen habe.

Neben der Arbeit gibt es noch mehr Gründe, warum ich froh bin, in Cochabamba zu sein: Durch die Größe und der vielen Universitäten hier, habe ich in der Stadt die Möglichkeit, viele (junge) Leute kennenzulernen. Dank der bunt durchmischten Bevölkerung und den umliegenden Dörfern begegne ich aber auch vielen Traditionen und Bräuchen und habe mit dieser Kombination das Gefühl, das Land in seiner Modernität, aber auch mit seinen Wurzeln zu entdecken. Ein großer Teil der eher traditionellen Seite Cochabambas ist wohl das Essen. Die Cochabambinos haben eine vielfältige Esskultur und die Salteñas, der Api, die Erdnusssuppe und die vielen Variationen an Reis, Kartoffeln und Fleisch werden mir von meinen Kollegen bei Fenix oder auch von neuen Freund*innen, die ich kennengelernt habe, stolz präsentiert, was eine wunderschöne (und leckere) Weise ist, miteinander ins Gespräch zu kommen und sich auszutauschen.

Stichwort Essengehen und Freund*innen: Meine Freizeit gestaltet sich eigentlich immer sehr spontan. Ich unternehme viel mit meiner Mitfreiwilligen und Freundin Emma, wir lassen uns die schönsten Ecken der Stadt von Freund*innen zeigen, und außerdem gibt es hier gefühlt jede Woche ein besonderes Event oder eine Feier, sei es ein Stadtfest, ein Konzert oder die K'oa, das monatliche Fest zu Ehren der Pachamama.

Diese Woche wurde ich von einem Mädchen aus dem Projekt zu ihrer Abschlussfeier eingeladen. Das Leben hatte es der Familie in der Vergangenheit nicht einfach gemacht, zu sehen, wie nun die zweite Tochter die Schule abschließen konnte, war sehr rührend. Auf der Feier waren alle sehr offen und kontaktfreudig und luden mich ein, mit ihnen einige Folkloretänze zu tanzen. Das will und muss ich zwar noch ein bisschen üben, doch es hat unglaublich viel Spaß gemacht. Da ich, neben dem Tanzen, sehr gerne Querflöte spiele, freut es mich, dass ich das hier im Orchesterprojekt von Fenix “Wayra” ausüben kann. Vergangenes Wochenende veranstalteten wir ein sehr schönes Weihnachtskonzert, was uns in Weihnachtsstimmung versetzt hat.

Ich wünsche Euch allen schöne Feiertage mit Euren Liebsten, genießt den Schnee (den vermisse ich ein bisschen).

Alles Gute
Eure Fiona

Manchmal gehen Emma und Fiona mit den Jungs von der Fundacion Chicha trinken.
Beim Wandern im Regenwaldes hat der Wald seinem Namen alle Ehre gemacht.
Fiona bei einer Aktion in der Schule.