An einem 2. April wurde das Altersheim "Don Vicente" gegründet, nachdem das Haus von einer Familie des Dorfs an den Orden der Steyler Schwestern gespendet wurde; seitdem ist das Haus ein Altersheim und unter der Führung der Schwestern.Um den Geburtstag ehrenwürdig zu feiern, gab es gleich zwei Feiern, eine eher interne für das Personal und die schon im Ruhestand Stehenden, die noch bei der Gründung dabei waren. In einer gemütlichen Runde gab es ein Asado (Gegrilltes) und eine schöne kleine Feier mit anschließendem Tanz, sogar Berta schwingte das Tanzbein mit Gehstock und auch ich blieb nicht verschont mich dabei zu blamieren, traditionelle Tänze wie dem Chamamé oder auch dem Cuarteto. Ich kann euch sagen es wurde sehr viel gelacht.
Eine Woche später gab es dann die große Feier für das ganze Dorf. Viel Zeit haben wir in die Vorbereitungen gesteckt, haben ein "Museum" gestaltet, das aus Fotos von heute bis hin zur Gründung bestand. Allgemein war das ganze Heim geschmückt, es kam eine Band, um Musik zu machen, und es gab so ziemlich alles zu essen und zu trinken zu kaufen.
Am Morgen dann die bittere Nachricht, dass der Himmel sehr grau war und es immer mal wieder geregnet hat. Die Leute kamen trotzdem. Es gab eine Messe, zu der mehrere Hundert Leute kamen. Die meisten blieben auch zum anschließenden Mittagessen da und wie sich im Nachhinein hat sich herausgestellt hat, wurde gegen alle Bedenken alles verkauft.
Hätten wir schönes Wetter gehabt, hätte man wohl viele Gäste wieder hungrig nach Hause schicken müssen. Und hier in Argentinien hat man sich von dem Wetter nicht die Laune vermiesen lassen und trotzdem getanzt und getanzt, bis sogar mit einem Abzieher das Wasser vom Boden weggeschrubbt wurde.
Ich war zwar den ganzen Tag beschäftigt damit, Dinge aufzubauen oder Gäste zu empfangen, zudem waren auch noch die zwei Spender aus Deutschland da, die das Altersheim schon seit langem unterstützen. Somit war ich ziemlich ausgelastet war.
Trotzdem gab es dann noch Zeit, um mit ein paar Kollegen aus dem Personal Mate oder ein Bierchen zu trinken. Abends fiel ich halbtot ins Bett.
Was wirklich eine schöne Geschichte ist, dass wir hier im Altersheim immer noch eine Bewohnerin haben, die schon seit Beginn, also seit 30 Jahren, hier wohnt, die kleine Maria Geronima, die zwar stark behindert ist und, ich glaube, auch relativ wenig von dem ganzen Fest mitbekommen hat, aber trotzdem dabei war, wenn auch nicht ganz anwesend.
Wie schon gesagt waren die zwei Vorsitzenden eines Vereins da, der viele Projekte hier in der Provinz Misiones von Deutschland aus finanziert, unter anderem einige Aldeas (Dörfer der Ureinwohner) und eben auch das Altersheim.
Da es ein wenig Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Verantwortlichen hier und den Gästen aus Deutschland gab, wurde ich öfters mal eingeladen, um den Übersetzer zu spielen. Das klappte Gott sei Dank relativ gut und war auch echt cool, weil ich dadurch mal ein bisschen durch die Provinz kam.
Unter anderem fuhren wir in einige Aldeas der Ureinwohner und auch aufs "Campo", ein riesengroßen Bauernhof, der von einer anliegenden Landwirtschaftsuniversität genutzt wird und wo es wirklich von allem etwas gibt, unter anderem Schweine, die so groß sind, dass sie fast wie Kühe aussehen.
Während ich mit Sr. Berta und Sr. Ana auf dem Heimweg war, machten wir noch einen anderen Stopp in einer recht einfachen Aldea, in der es z.B. noch an Strom fehlt und auch die Wasserverbindung relativ schlecht geregelt ist. Dort hatte Ana etwas mit einem kranken Bewohner zu klären und schickte mich mit meinem Kollegen, Marcelo in den Urwald, wo uns zwei Jungs von dort die wunderschöne Natur des Landes zeigten. Vorbei an dutzend Bananenpalmen, durch den feuchten Wald bis hin zu einem kleinen Wasserfall mitten im Wald. Da konnte man mal den Wert und die Schönheit purer Natur sehen.
Da zu dem Dorf Roca, in dem ich wohne auch noch ganz viele kleinere abgelegene Dörfchen der "Colonia" gehören, die alle ihre kleine Kapelle und Gemeinde haben, findet auch dort im Wechsel alle zwei Wochen Gottesdienst statt.
Da der Pater der Gemeinde, der diese Arbeit normalerweise übernimmt, im Urlaub war, hat er diese Aufgabe an die Schwestern übertragen, sodass wir, also Berta und ich als ihre Begleitung die Hälfte der Colonia abfuhren, um dort "Messfeiern", zwar ohne Wandlung, aber mit Kommunion zu feiern.
Sieben Kapellen fuhren wir ab und es war wirklich schön, vor allem auch weil Berta ihre ganze Energie in ihre Predigt und die Feier steckte, obwohl sie schon etwas älter ist und immer wieder Probleme mit der Gesundheit hat.
Die Freude der kleinen Gemeinde, die sich natürlich immer freuen, wenn bei ihnen Gottesdienst gefeiert wird, war sichtbar groß, eben auch weil Berta es wirklich großartig machte, was selbst mich verwunderte – im positiven Sinne.
In diesen zwei Tagen haben wir außerdem große Kollekten gesammelt, mehr als sonst. Und was mich respektvoll staunen ließ, war, dass Berta die komplette Summe nutzte, um einer Frau aus den Villas (Armenviertel), die es bei uns hier leider auch gibt, der das Wasser aufgrund von Kostenrückstand abgestellt wurde, zu bezahlen und zwar bis zum Ende dieses Jahres.
Berta amüsierte sich zudem über meine Anmerkung, dass ich nach sieben Messen das Evangelium des Tages nicht mehr hören konnte. So sehr sogar, dass sie es allen vor allem den Schwestern mit Lachen erzählen musste.
Mit den Leuten der Villas haben wir auch noch weiter zu tun, da Berta eines Tages, als etwas Essen übrig blieb, auf die Idee kam, eine Suppenküche bzw. Essensspende für die Leute von dort einzurichten, abgesehen davon, dass wir hier im Altersheim schon genug Arbeit haben.
Ich fand die Idee total super und wollte Berta in ihrem Einsatz für die Armut natürlich unterstützen, sodass wir nun, wenn Essen überbleibt, was ab und zu mal vorkommt, in die Villas fahren und es dort an bedürftige und immer dankbare Menschen verschenken.
Die Armut dort ist erschreckend. Sie reicht von unbefahrbaren Wegen, die bei Regen zu kleinen Flüsschen werden, über Stromnetze, die mit Plastiktüten bedeckt sind und natürlich den Häusern, an denen öfters mal ein Holzbalken fehlt.
Auch die Menschen dort, vor allem Kinder sehen stark unterernährt aus. Der Unterschied zu den Aborigines ist, dass diesen Menschen in der Regel keiner helfen will. Umso schöner, dass Berta es tut.
Jetzt im Monat Mai, dem Marienmonat, gab es hier in Argentinien, wo der Marienkult noch viel größer als bei uns in Deutschland ist, viele Feiern, für alle Vírgenes (Jungfrauenerscheinungen).
Berta, einige Schwestern und ich waren so also fast jedes Wochenende bei einem anderen Fest, das ähnlich wie das Fest des Altersheims aus Messen und Asado besteht, manchmal auch Live-Musik oder andere Dinge bietet.
Und so vergehen hier die Wochen fliegend. Mittlerweile sind wir im Winter angekommen und man glaubt es kaum: Auch in Südamerika kann es wirklich kalt werden, vor allem wenn die Häuser für den heißen und schwülen Sommer ausgelegt sind.
Heizungen sind hier im Altersheim leider noch Fehlanzeige. Und wie das so ist, wenn es kalt wird kommt auch immer die Grippe, die hier eine Welle durch das Altersheim geschlagen haben, sodass mindestens die Hälfte der Alten mit Grippe im Bett lag und es auch mich erwischt hat. Glücklicherweise geht es den meisten wieder gut, bei einem Heimbewohner sieht es im Moment leider gar nicht gut aus.
Außerdem erreichte mich auch die schreckliche Nachricht von Sr. Veronika, einer Schwester, die in den Süd-Sudan geschickt wurde und dort mit vollem Mut und Vertrauen in Gott ihre Mission gelebt hat. Sie wurde angeschossen und unterlag letztendlich ihren Verletzungen.
Ich durfte sie kurz vor meiner Ausreise in meine Mission glücklicherweise kennenlernen und sie gab mir viel Kraft, Mut und Motivation für mich und mein Jahr.
Eine Frau, die ihr Leben und letztendlich auch ihren Tod für die Armut und die Ungerechtigkeit der Welt gab und mir ein riesiges Vorbild ist und uns allen ein Vorbild und eine Motivation für die Gestaltung einer besseren, gerechteren und friedlicheren Welt werden sollte. Vielleicht habt ihr ja auch einen Gedanken für sie und die Menschen, die zurzeit im Süd-Sudan und in der ganzen Welt leiden.
Erfreulich ist hingegen, dass in eineinhalb Monaten Besuch von Mami und meiner Schwester kommt, auf die ich mich schon unglaublich sehr freue und mit denen ich dann auch, denke ich, einen "verdienten Urlaub" machen werde. Danach wird dann auch schon bald die Zeit des Abschieds kommen. Die Zeit rennt wirklich wie verrückt.
- Paul