MaZ: Die Kinder feiern

Im März hatten wir zum ersten Mal ein Treffen mit allen Mitarbeitern der Pfarrgemeinde. Dazu zählen wir aus dem Comedor (unserem Projekt) und die Mitarbeiter eines weiteren Internats. Nun ja ich hatte erwartet, dass wir uns zusammen an einen Tisch setzen, etwas essen und dann über einige Punkte unsere Arbeit betreffend reden.Das mit dem Essen traf auch voll zu.

Es war ein kleines Grillfest, bei dem nicht am Fleisch gespart wurde und am Ende jeder einen viel zu vollen und super leckeren Teller vor sich hatte. Padre Alfredo hat höchst persönlich gegrillt und seine "berühmte" Panade für das Fleisch gemacht.
Doña Fanny und Doña Feli haben den Rest des Essens vorbereitet. Dieses erste Mal war nämlich der Comedor als Gastgeber an der Reihe und das nächste Mal werden wir im Internat der Pfarrgemeinde essen.
Bevor es allerdings ans Essen ging haben wir eine kleine Messe gefeiert, da an diesem Tag Vatertag und somit auch der Tag des heiligen Josef war. Dieser ist der Ordenspatron der hiesigen Schwestern. Beim anschließenden Essen wurde natürlich auch viel geredet und gelacht. Es war einfach ein schönes, gemütliches Zusammensein, was nun alle zwei Monate wiederholt wird. Ich freue mich schon auf den nächsten Festschmaus.

In der letzten Zeit gab es für mich noch eine weitere Premiere. Ich habe Padre Alfredo und Schwester Eufracia nach San Pedro begleitet. San Pedro ist ein kleines Dorf welches circa anderthalb Stunden Autofahrt von Sopachuy entfernt liegt. Jeden Sonntag fahren die beiden dorthin, um die heilige Messe mit den Dorfbewohnern zu feiern.
Manchmal werden sie auch von ein paar Jugendlichen begleitet, die hier in Sopachuy immer Gitarre spielen und auch die Messe in San Pedro gerne musikalisch unterstützen.

Als ich zum ersten Mal mitgefahren bin, sind der Padre (Pfarrer), die Schwester und ich etwas früher als sonst aufgebrochen, um noch das Elternhaus des Padres besuchen zu können. Dieses liegt etwas außerhalb von San Pedro im Campo (Land). Und es gibt zwei verschiedene Wege, um dorthin zu gelangen: einen kleinen Umweg mit dem Auto über eine Brücke oder zu Fuß durch den Fluss.
Und wie ihr euch sicher schon denken könnt, haben wir die zweite Variante gewählt. Dazu mussten wir den ein und selben Fluss ganze vier Mal überqueren. Zu dieser Zeit hatte der Fluss auch nicht gerade wenig Wasser, wodurch wir immer erst eine geeignete Stelle suchen mussten. Das war die Aufgabe von Padre Alfredo. Schwester Eufracia und ich haben jedes Mal am sicheren Ufer abgewartet.
Etwas nass aber sicher am Haus angekommen haben wir den Garten besucht, der für mich schon fast eine kleine Plantage war. Es gab unendlich viel verschiedene Orangen-, Mandarinen- und Limonensorten. Eine war sogar so groß wie der Kopf eines Kindes. Nachdem ich alles durch probiert hatte und wir ein paar gepflückt haben, wurde uns noch ein kleiner Snack von Padre Alfredos Mutter hingestellt.

Danach ging es dann auch wieder Richtung San Pedro, um die Messe zu feiern. Dazu mussten wir natürlich wieder durch den Fluss, um zum Auto zu gelangen, und wie sollte es auch anders sein? – Ich bin hingefallen, wodurch ich voll durchnässt war und meine Flipflops kaputt gegangen sind. Deswegen habe ich dann in der Kirche eine kleine Pfütze hinterlassen, aber es war alles halb so wild.
Die Kirche dort ist wesentlich kleiner als die in Sopachuy un hat weniger Bänke zum Sitzen. Die Mehrzahl der Menschen in der Messe waren Kinder, die sich gefreut haben, mal wieder eine Freiwillige über alles Mögliche ausfragen zu können.
Ich habe mich sofort wohl gefühlt in dieser kleinen Gemeinde und mich auch sehr gefreut, mal ein paar neue Lieder zu lernen.

Das letzte Mal in San Pedro haben die Schwester und ich den Kindern ein neues Lied beigebracht, welches wir hier viel singen. Und das nächste Mal darf ich den Kindern in San Pedro dann auch die Bewegungen dazu beibringen.
Ich bin gespannt wie sie die finden und ob es gut klappt mit dem "Bewegungslied-Unterricht".

Kurz vor Ostern war ich dann auch bei meinem ersten richtigen Palmsonntagsumzug dabei. Dieser fing vor der kleinen Kapelle am Hauptplazt an und ging "hoch" zur ersten, kleineren Plaza, wo sich auch die Kirche befindet.
Für mich hieß es an diesem Tag früh aufstehen, da ich vor Beginn der Prozession an der großen Plaza Palmzweige verkauft habe. Es gab richtig echte Palmzweige, aber nicht nur das. Uns haben zwei Esel begleitet, von denen der kleinere eine Jesusfigur getragen hat.
Außerdem wurde der Umzug von Schwester Eufracia und Lehrer Jhonny musikalisch begleitet. Dann hat auch noch das Wetter mitgespielt und es war ein rundum gelungener Palmsonntagsmarsch.
Die Ostermesse hat mir persönlich sehr gefallen. Sie war voller Wärme, obwohl es draußen biberkalt war. Und selbstverständlich hat sie vor der Kirche begonnen, da das Osterfeuer nicht fehlen durfte.

Am 9. April, war dann ein ganz besonderer Tag für Sopachuy. Mehrere Tage vorher wurde alles auf Vordermann gebracht, denn Evo Morales (der Präsident Boliviens) kam zu Besuch.
In der großen Sporthalle des Gymnasiums wurde eine Bühne aufgebaut und sein Besuch gefeiert. Ich war sehr überrascht, dass so hoher Besuch in unser bescheidenes Dorf kommt. Dazu kamen wirklich viele Leute, auch aus nahe gelegenen Dörfern. Eine Gruppe von Jugendlichen hat einen traditionellen Tanz aufgeführt und danach wurden sehr viele Reden gehalten.
Mir persönlich waren es zu viele Worte, die auch erst einmal gehalten werden müssen, aber so ist es ja immer in der Politik. Ich hoffe einfach das Beste für Sopachuy.

Und jetzt komme ich endlich zu meinem Lieblingstag: der 12. April – Dia del Niño! (Tag des Kindes).
Alle Kinder durften ohne Rucksack in die Schule gehen, denn an diesem Tag wurde mal nicht gelernt. Und ich habe es mir nicht nehmen lassen diesen Tag gemeinsam mit den Kindern zu verbringen. Also bin ich auch mal wieder zur Schule gegangen.
Jeder Lehrer hatte eigens für seinen Kurs ein Frühstück vorbereitet. Es gab Kekse, Kuchen, Zimtschnecken und noch einige andere Leckereien. Gleich danach ging es auf die Cancha (der "Sporthalle") der Schule, dort lief Musik und jeder durfte rumtollen wie er wollte. Nach einer Weile mussten die Kinder sich dann kursweise aufstellen und es wurde eine kleine Ansprache gehalten. Nachdem sie sich auf die Tribüne gesetzt haben, haben einige Zweitklässlerinnen einen Tanz aufgeführt und ein anderer Junge ein Gedicht vorgelesen.
Zum krönenden Abschluss hat jedes Kind eine Tüte mit Süßigkeiten uns Spielzeug bekommen und danach wurde wieder rumgetollt und getanzt. Die Stimmung war so ausgelassen und fröhlich, dass ich selbst die ganze Zeit mit einem breiten Grinsen rumgelaufen bin. Und auch die Kinder sind aus dem Lachen und Spaßhaben gar nicht mehr raus gekommen.

Nach der Schule haben wir im Comedor dann nicht direkt zu Mittag gegessen, denn die Kinder waren noch voll dabei ihre Süßigkeiten aufzubrauchen. Stattdessen durfte ich mit den Kindern zum Fluss gehen, was ja immer ein großer Spaß ist. Nur zum Baden war das Wasser leider zu kalt. Aber das hat die Jungs nicht davon abgehalten können, trotzdem reinzuspringen.
Auch unser Abendessen war an diesem Tag etwas Besonderes. Doña Fanny und Doña Feli haben den ganzen Tag Würstchen aus einer Reismasse geformt und frittiert. Zwar musste ich mit den Kindern trotz ihres besonderen Tages etwas lernen, aber dennoch war es ein rundum wunderschöner Tag.
Was diesen Tag für mich auch zu einem wirklich besonderen Tag gemacht hat, waren die Lehrer. Es war so schön zu sehen, dass diese am Tag des Kindes auch bester Stimmung waren und gerne mit den Kindern ihren speziellen Tag gefeiert haben.

Nun sind wir aber noch nicht fertig mit dem Feiern der Kinder. Mitte April war das Fest des "Divino niño" (Göttlichen Kindes). Dabei handelt es sich um eine Statue des Jesuskindes, die nun schon seit einem Jahr in Sopachuy steht.
Zu diesem "Geburtstag" ist eigens der Weibischof von Sucre, Padre Adolfo angereist. Samstagabends wurde die Messe extra auf den "divino niño" ausgelegt. Und zur großen Überraschung aller kam zum Ende der Messe eine Mariatschiband reinspaziert und hat Kirchenlieder in einem Tanzrhythmus gespielt. Auf diese Lieder haben dann einige Kinder verschiedene Tänze aufgeführt und so dem "divino niño" gehuldigt.
Das könnte ich mir in Deutschland niemals vorstellen, dass vor dem Altar und mitten in der Kirche getanzt wird.

Sonntagsmorgens hat die Mariatschiband dann von Anfang an die Messe begleitet und gemeinsam mit den üblichen Gitarrenspielern der Messe eine lebhafte Note verliehen. Im Anschluss an die Messe haben einige Besucher aus Sucre jedem Kind eine Tüte mit Süßigkeiten geschenkt.
Eine wirklich tolle Geste, die nicht nur den Kindern ein Strahlen verpasst hat, sondern auch zeigt, dass die Menschen noch teilen können und durch reine Nächstenliebe die Kinder (und somit auch mich) froh machen können.
Gleich danach fand eine kleine Prozession durch einen Teil des Dorfes statt. Dazu wurde auch die Statue des heiligen Kindes von vier Leuten auf den Schultern getragen. Natürlich hat es sich die Mariatschiband nicht nehmen lassen uns auch zu begleiten, was eine tolle Ergänzung war.

Die Prozession hat vor jedem Haus, Geschäft und jeder Einrichtung angehalten, welche einen Altar aufgebaut hatten. Zusätzlich stand immer noch ein Tisch auf der Straße, um die Figur des "divino niño" darauf abstellen zu können.
Weihbischof Adolfo hat jedes Mal das Gebäude und seine Bewohner gesegnet und Wünsche für sie ausgesprochen. Danach haben alle zusammen ein Gebet wie das Vater unser oder Ave Maria gesprochen und die Prozession ging weiter.
Natürlich hatte auch der Comedor einen solchen Altar und Padre Adolfo hat es sich nehmen lassen, mich erst einmal freundlich zu begrüßen und ein paar Worte auszutauschen.

Kurz danach, Ende April hat das Wetter sich so stark geändert, dass Luisa und ich an einem Samstagsabend sogar mit einer Decke in die Messe gegangen sind. Hier herrschen momentan wirklich "winterliche" Temperaturen. Nun ja es fängt auch langsam der Winter an, aber es ist einfach ein komisches Gefühl, da es bis jetzt immer recht warm war und sich das Wetter nie viel geändert hat.
In Deutschland bin ich an die Jahreszeiten gewöhnt und es ist ganz normal, dass es irgendwann kalt wird. Aber für mich gehörte es bis jetzt nicht dazu, dass es auch in Bolivien kalt wird.
Jetzt habe ich kurzer Hand angefangen mir einen Poncho zu stricken. Sicher wird er nicht so schnell fertig, aber vielleicht habe ich gegen Ende noch ein bisschen Gelegenheit ihn anzuziehen. Bei diesem Vorhaben hilft mir Doña Fanny und erklärt mir alle Schritte.

Bevor mich diese Kälte überrumpelt hat, war ich noch einmal am Fluss. Dieses Mal allerdings alleine und recht früh, sodass ich außer vier Kindern keine Gesellschaft hatte; was wirklich sehr angenehm ist, wenn man sonst das halbe Dorf als Gesellschaft um sich hat.
Als ich gerade angekommen bin und mich in ein kleines Stück Schatten setzen wollte, kam ein Mann mit seiner Schubkarre vorbei. Dieser meinte, dass auf der anderen Seite des Flusses viel mehr und vor allem den ganzen Tag Schatten wäre und dass ich dort nicht von irgendwelchen Schweinen belästigt werde. Damit hat er keine aufdringlichen Männer, sondern tatsächlich Schweine gemeint, denn die laufen nah am Fluss viel herum. Lange Rede kurzer Sinn, der Mann hat seine Schubkarre abgestellt und mich zusammen mit den vier Kids auf die andere Seite begleitet.

Ich erzähle euch diese kleine Gegebenheit, weil ich sie einfach schön fand. Dieser Mann hat mich nicht gekannt, aber mir trotzdem ganz freundlich geholfen. Wäre er nicht mit mir durch den Fluss gewatet, wäre ich sicher hingefallen und alle meine Sachen wären nass geworden. So sind meine Sachen und ich sicher über den Fluss gekommen und hatten obendrein noch ein schönes Plätzchen zum Sitzen.
Für den Rückweg habe ich mich dann für einen kleinen Umweg entschieden und habe mir von zwei der vier Kinder, mit denen ich etwas gebadet habe, einen anderen Weg zeigen lassen. Diese zwei Mädchen kannte ich sehr gut, da sie auch im Comedor sind.
Wir sind an Ziegen vorbei und durch Gestrüpp, bis wir dann endlich an einer Brücke angekommen waren. Diese führt über den Fluss, bis sie wieder am Rande Sopachuys endete.
Ich bin wirklich froh, dass ich einen kleinen Sonnenbrand in Kauf genommen habe, um dort hinzukommen, denn die Aussicht von der Brücke aus war einfach wunderschön. Pure Natur.

Außerdem bastle ich viel. Viele der Kinder kennen ihr Geburtsdatum nicht und das wollte ich ändern. Ich habe eine Liste der Kinder mit ihren Geburtstaten aufgehängt. Allerdings wussten viele nicht, welche Zahl welchen Monat bedeutet, also habe ich eine "Uhr" der Monate gebastelt. Wo es bei vielen auch noch etwas hapert, sind Subtraktionsaufgaben und bei einem Mädchen sogar das Zahlenlesen. Aus diesem Grund haben wir nun in meiner Sala einen großen Zahlenstrahl von 0 bis 100.
Außerdem habe ich einfach zur Verschönerung die alten Behälter für die Stifte aufgeklebt. Vorher hatten wir einfach nur aufgeschnittene Plastikflaschen für Bleistifte, Kugelschreiber usw. Jetzt hat jeder Tisch seine eigene Flasche. Aber diese Flasche ist jetzt weiß angesprüht, mit Acrylfarbe etwas angemalt und mit Glitzer verschönert.
Es hat irgendwie gut getan etwas zur "Verschönerung" beizutragen, denn ich weiß, dass diese Dinge sicher noch nach meiner Abreise gebraucht und genutzt werden.
Des Weiteren habe ich so meine freie Zeit einfach sinnvoll nutzen können.

- Lara