MaZ: Ein Rundbrief zum Sommerbeginn

Bei mir ist mittlerweile ein Alltag entstanden. Ich wurde schon öfters darauf angesprochen, wie denn dieser besagte Alltag so aussieht. Und auch wenn es sich seltsam anfühlt, dass sich jemand für den eigenen Alltag interessiert, erzähle ich kurz, was ich so in meiner Freizeit mache.

Unter der Woche gehe ich nach der Arbeit zum Aerobic, treffe mich mit anderen Freiwilligen oder bastle etwas für meine Sala. Ich versuche möglichst viel zum Sport zu gehen, weil es ein guter Ausgleich ist und man sich gut mit den Frauen aus dem Viertel vor und nach der Stunde unterhalten kann.
Die Wochenenden sehen immer verschieden aus. Mal mache ich einen Ausflug, mal treffe ich mich mit meinen Tias (den Mitarbeiterinnen) oder Freiwilligen, mal gehe ich in einen Park oder besichtige eine weitere Ecke Santiagos. Und manchmal tut es auch gut einfach aus der lauten, dreckigen Stadt in etwas Natur außerhalb zu flüchten und zwei Tage Stille beim Wandern zu genießen.

In meiner Sala sind wir gerade fleißig damit beschäftigt, Weihnachtsdeko zu basteln, obwohl die Engelchen und Sterne für mich nicht so ganz zu den 30°C passen wollen, die wir hier mittlerweile haben. Ich fühle mich immer noch sehr wohl mit meinen Babys und habe im letzten Monat Marienkäfer gebastelt, die die Kinder mit ihren Fingerabdrücken vervollständigt haben. Diese hängen jetzt am Fenster und ich merke, wie man schon mit kleinen Dingen viel Freude bereiten kann.

Seit einiger Zeit bin ich zudem für den Tag Freitag verantwortlich. Jede Tia ist an einem Tag der Woche für die Aktivitäten und Spiele zuständig, die mit den Kindern gemacht werden. Es ist toll, dass wir Freiwilligen auch in diesen Verantwortungsbereich miteinbezogen werden, weil wir so zum einen wirklich Teil des Teams sind und zum anderen ganz praktisch regelmäßig mit den Kindern Aktivitäten realisieren können.
Meine größeren Aktivitäten bestanden bis jetzt aus einem Puppenspiel und Knete. Und selbst wenn meine Babys noch nichts Großes aus der Knete formen konnten, hatten sie doch Spaß daran, mit ihr zu matschen.

Etwas ganz anderes ist das Bus- und Bahnfahren hier in Santiago. Am Anfang war ich echt geschockt und musste mich erstmal an diese so andere Form gewöhnen. Die Busse fahren zwar nach Linien, aber nach keinem bestimmten Fahrplan. Man stellt sich einfach an die Bushaltestelle und wartet. Wenn man dann mitfahren möchte, streckt man den Arm aus und steigt ein. Dadurch kann man nie so gut planen, wie lange man für eine Strecke brauchen wird, aber es ist auch viel entspannter, weil man keinen Zeitdruck hat.
Die Fahrweise ist für unsereins auch anders, wobei ich es eigentlich praktisch finde, dass man für die gleiche Strecke hier nur fünf Minuten braucht, für die man in Deutschland glatt 15 Minuten gebraucht hätte (bei normalem Verkehr versteht sich, denn es gibt ja die "Rushhour"). Außerdem gibt es die "Rushhour" und wenn man glaubt, es passt jetzt nun wirklich keine weitere Person mehr in den Bus oder die Bahn, kann man sich sicher sein, dass sich noch mindestens fünf Weitere einquetschen.
Das Allheilmittel in diesem Gedränge ist dabei "Permiso", was ungefähr soviel wie "Entschuldigung bitte" bedeutet und quasi alles entschuldigt. Die Metro, also die Bahn/U-Bahn, hat für diese Menschenmengen, die jeden Tag zu bestimmten Zeiten die Bahnen stürmen, extra geführte Wege von und zum Bahnsteig. Es kann auch schon Mal sein, dass man zuerst 20 Minuten Schlange steht, bis man erstmal den Bahnsteig betritt, und dann nochmal zwölf Bahnen vorbeifahren, bis man sich mit reichlich Einsatz der Ellbogen in eine Bahn gequetscht hat.

Wirklich ganz ungünstig für gesunde Ernährungspläne sind die kleinen Lädchen, genannt "Almacen". Es gibt sie an jeder Ecke und meistens sind sie vorne in dem Wohnhaus eingegliedert. Oftmals muss man auch erstmal klingeln, bis jemand kommt und einen durch ein Gitterchen begrüßt. In diesen "Tante-Emma-Läden" gibt es alles. Nie das Gleiche, jeder Laden hat ein anderes Sortiment, aber man bekommt generell alles dort.
Uns graut es jetzt schon vor der ersten Zeit wieder zu Hause, wenn wir nicht mehr zu jeder Tages-und Nachtzeit schnell mal (gegenüber) Milch oder Shampoo kaufen können. Das Pendant zum Almacen ist die "Botilleria", die jede Form von Getränk bietet, vor allem alkoholisches. Es gibt sie nicht ganz so oft wie die "Tante-Emma-Lädchen", aber man muss auch nie zu weit laufen, um eine zu finden.


Da der Sommer jetzt merklich im Anmarsch ist, steigen wie schon erwähnt die Temperaturen und alle hüllen sich nur in Andeutungen, wenn es um den Hochsommer im Januar geht. Ich bin sehr gespannt, wie es so werden wird, zumal ich nicht dazu neige, wie zu Hause die kurzen Hosen und Spaghettiträger auszupacken, da einem sowieso dauerhaft nachgerufen wird. Außerdem ist es doch komischer, als ich dachte, Advent und Weihnachten im Sommer zu verbringen, und es will sich gar keine Advents- geschweige denn Weihnachtsstimmung einstellen.

- Kathrin