MaZ: Kolumbien ins Herz geschlossen

Thomas ist seit August 2017 in Kolumbien und schaut für diesen Rundbrief auf seine Zeit zurück: „Ich kann schon längst sagen, sehr froh zu sein, mich für das Jahr in Kolumbien entschieden zu haben.

Gut acht Monate darf ich nun schon in einem mir nun nicht mehr ganz fremden Land sein, wovon die Heimat gefühlt von Monat zu Monat weiter in die Ferne rückt. Die Heimat im schönen Bayern, welche davor doch noch so unverzichtbar erschien. Das Dorfleben, die gewohnte Umgebung, Freunde und Familie.

Die Kontinente haben sich nicht extrem auseinander bewegt, das hätten wir wohl mitbekommen. Vielmehr wurden Gedanken an die Heimat weniger, und der Kontakt hat sich auf das Wichtigste mit den mir wichtigsten Personen minimiert.

Einer der tollen Nebeneffekte, welche das Jahr so mit sich bringt, ist auf alle Fälle die Zeit zur Reflexion. Es ergibt sich neben besserem Weltbild auch ein ganz anderes Heimat-/Deutschlandbild beim Blick aus der Ferne. Ich darf erfahren, wer mir wirklich im Herzen liegt und was einem wichtig ist. Außerdem lerne ich mich selbst und meinen Glauben außerhalb des gewohnten Umfeldes viel besser kennen. Dabei darf beides klarer werden. Schließlich sollte man sich, den Tempel des Heiligen Geistes,doch gut kennen, bevor man auch Gott besser kennenlernen darf.

Dass ich mittlerweile wirklich ankomme, zeigt sich am meisten im Alltag. Aus Smalltalks auf dem Weg zur Arbeit, zum Einkauf oder über den Park werden Gespräche. Wo und wann gibt es frisches Gemüse? An welcher Straßenecke gibt es leckere Empanadas gegen den Hunger zwischendurch? Wo kann man einen leckeren Guanábana-Saft (Stachelannone) schlürfen? Antworten auf diese Fragen und andere Dinge sind längst zum Alltag geworden. Die über 50.000 Einwohner fassende Stadt, Marinilla, mit absolutem Dorfcharakter wird von Tag zu Tag mehr zur zweiten Heimat.

Ich darf die Fundación mittlerweile bei ihrem neuen Projekt, Eco Tourismo, unterstützen. Unser Ziel ist es, einen nachhaltigen Wander-Tourismus in die Region Antioquia zu bringen. Ein Tourismus, von dem Menschen wie der „kleine“ Bauer am Wegesrand und Jugendliche in den Gemeinden, die derzeit in einem dreimonatigen Kurs als Wanderführer ausgebildet werden, profitieren sollen. Ein Tourismus, der den Touristen die große Pflanzen-und Artenvielfalt zeigen, dabei Natur und Menschen keinen Schaden zufügen soll.

Nach dem Beschreiten der ersten zum Teil sehr anstrengenden, aber wunderschönen Routen kann ich nur bestätigen, dass dieser Fleck auf Erden bedingt,auch durch das Klima, an Pflanzen-und Tiervielfalt wahrlich beschenkt wurde. Ganze 25 Routen,auf 12 Gemeinden aufgeteilt, sollen dann in Zukunft eine breitgefächerte Auswahl für Jedermann bieten.

Es ist super spannend und genau nach meinem Geschmack, dabei neue Orte und seine Menschen mit ihren Geschichten kennenzulernen. Mit ihnen die Routen auszuarbeiten und dabei das ein oder andere Wort zu wechseln, macht super viel Spaß. Es geht dabei auch in Regionen, die sehr von den bekannten Bandenkriegen Kolumbiens betroffen waren. Auch in die schmerzhaften Geschichten einzutauchen, ist ein wichtiger Teil, das Land und die Leute besser verstehen zu können. Aber auch hier versteht man, dass man für die Gestaltung einer positiven Zukunft auch mal die negative Vergangenheit ad acta legen darf.

Meine Aufgaben sind die teils bis zu 20 Kilometer langen Routen mit einem GPS Gerät zu erfassen um anschließend Wanderkarten zu erstellen, Fotos zu machen und eine Beschreibung auf Englisch zu erstellen. Dass ich nach den oft langen Touren unter tropischen Bedingungen durch die kolumbianischen Wälder erschöpft, aber überglücklich in den Schlaf falle, ist ein toller Nebeneffekt.

Ich habe auch verstanden, dass neben den Tätigkeiten als Freiwilligervielmehr meine Präsenz es ist, die ich einbringen kann. Kontakte mit Menschen verschiedenen Alters und aus unterschiedlichsten sozialen Schichten sind unbezahlbar. Distanz, welche nicht existieren sollte, abschaffen und dabei mit Vorurteilen aufräumen. Toll ist auch zu sehen, dass auch hier vor allem in jüngeren Generationen ein Denkprozess stattfindet. Auch hier fragen sich immer mehr Menschen, ob es gut ist, wie die letzten Jahrzehnte fortzufahren oder sich auch nach Alternativen umzusehen. Dabei kommen auch Menschen in Kolumbien der Natur wieder näher. Sei es in Ernährung, Medizin oder Freizeit. Ja die Menschheit befindet sich meines Erachtens in einer Aufwachphase.

Mir gefällt diese Energie, für Neugier und Lust Dinge zu verändern, riesig. Dies ist einfach toll, auf der ganzen Welt zu beobachten. Ich beobachte und versuche nun noch hier vier Monate mit zu verändern. Und ich hoffe, auch dir in Deutschland gelingt es, die Welt zu verbessern. Denn viele kleine Taten ergeben ein großes Ganzes, und das von Tag zu Tag."

- Thomas