MaZ: Wenn Karneval auf Weihnachten fällt

Das neue Jahr in St. Kitts ist – wenn auch fünf Stunden später als in Deutschland – schneller angebrochen, als mir lieb ist, denn meine Zeit hier scheint wie im Flug zu vergehen. Zuvor aber wurde ich – gewohnt an das festliche und traditionsreiche Weihnachtsfest meiner Familie – hier ein wenig enttäuscht.

Nicht nur, dass Plastikweihnachtsbäume meiner Meinung nach einfach nur schrecklich aussehen, auch die Schwestern wussten nicht so richtig, wie sie Weihnachten in St. Kitts gestalten sollen. Die letzten Jahre "wurde Jesus in Chicago geboren" (Zitat Sr. Margaret). D. h., die Schwestern trafen sich im Weihnachtsurlaub im Provinzhaus in Chicago. Am Ende waren wir ziemlich enttäuscht, denn die Christmette in Basseterre war schlecht besucht und das auch noch von Touristen. Einheimische, die nicht im Chor gesungen haben oder ein anderes liturgisches Amt bekleidet haben, haben sich nicht in der Kirche sehen lassen. Auch die Kirche in Mollineux war am Morgen des 25. nur halb gefüllt. Argumente wie "Ich muss fürs Familienessen kochen" oder "Ich muss vorschlafen" waren oft zu hören.

Das "Vorschlafen" bezieht sich dabei auf den nationalen Karneval, der in der Nacht auf den 26. Dezember beginnt und mit dem neuen Jahr endet. Dabei stellen die Feierlichkeiten nicht nur Weinachten, sondern auch Silvester und Neujahr in den Schatten. Ich habe mir eine der Pageant-Shows angesehen, bei denen unter anderem Miss und Mister St. Kitts and Nevis junior, senior und die Miss Karibik gewählt wurden.

Die Straßen von Basseterre (der Hauptstadt) waren in diesen Tagen voll mit Umzügen, deren Organisation bzw. Route durch die Stadt sich mir und allen umstehenden Touristen nicht erschlossen hat. Es scheint nicht einen großen Umzug zu geben, sondern viele einzelne Wagen, die bis in den karibischen Winterhimmel mit Lautsprechern bestückt losgelöst von einander durch die Straßen fahren. Dabei kommt es öfter zu Staus an den Straßenkreuzungen. Und dann mischt sich lautstark die hier typische Soca-Musik. Begleitet werden diese Wagen von tanzenden Kindern, Jugendlichen, Frauen und Männern in bunten, teilweise sehr knappen Kostümen.

Die Kostüme haben mich wirklich überrascht, beschweren sich doch seit November alle Einheimischen, dass es hier viel zu kalt sei. An den Strand trauen sich auch nur noch die Touristen, die zu dieser Jahreszeit in Scharen kommen. Alle anderen eröffnen die Strandsaison erst wieder im April. Manche der Preschooler kommen morgens mit Sweatshirt und Jacken über ihren Uniformen, die ich im deutschen Winter rausholen würde und hier gar nicht dabei habe. Trotzdem erwische ich mich in letzter Zeit immer mal wieder dabei, den Windschatten zu suchen. Oder auf der allmorgendlichen Fahrt zur 6.30-Uhr-Messe in einer leichten Jacke hinter geschlossenem Autofenster zu sitzen.
Wie der deutsche Winter bringt allerdings auch der karibische einige Erkältungs- und Grippewellen mit sich. Daher haben wir unter den SchülerInnen, Gemeindemitgliedern, Bekannten und Freunden etliche Ausfälle zu beklagen. Und schließlich hat es auch mich erwischt.

Nach den vierwöchigen Weihnachtsferien begann der Unterricht der Holy Spirit Catholic Preschool für die SchülerInnen und die beiden Lehrerinnen wieder in dem alten Klassenraum bzw. Pfarrsaal. Dort haben sie noch zwei Wochen die sogenannte "easy week" genossen, in der nach der morgendlichen Aufstellung bis zum Mittagessen draußen gespielt wird. Bastelaktivitäten fanden in dieser Zeit nicht statt.

Sr. Julita und ich haben schon in der letzten Ferienwoche angefangen, das neue Schulgebäude einzurichten. Für die große Eröffnung wurde zuerst die Trennwand zwischen den beiden Klassenräumen geöffnet, so dass wir einen großen Raum mit Blick auf die Bühne, die im größeren der beiden Klas- senräume fest installiert ist, hatten. Dann haben wir eine Spielzeug- und Materialaustellung aufgebaut. Kurz vor der Eröffnung füllten Sr. Julita und ich mit tatkräftiger Unterstützung von Sr. Xaveriana (die offizielle Vertreterin der Provinzleitung) den Raum mit insgesamt 100 Stühlen und schmückten alles festlich.

Die feierliche Einweihung war gut besucht. Der Bischof kam eigens von Antigua. SchülerInnen unserer und zweier anderer Preschools haben die Nationalhymne gesungen und Gedichte aufgesagt. Außerdem empfingen wir den Bildungsminister, die Direktorin des Early Childhood Departments und den in diesem Wahlbezirk gewählten Politiker. Die Reden waren lang. Sr. Julita und die Kongregation der Steyler Schwestern wurden sehr gelobt und viele Versprechen für die Zukunft der Bildung auf St. Kitts vorgebracht. Am Ende waren nicht nur die Kinder froh, dass alles vorbei war und sie nun zu dem von den Eltern vorbereiteten Mittagessen konnten.

Die ganze nächste Woche konnten wir die Schuleröffnung mit verschiedenen Rednern in den Nachrichten des Fernsehsenders von St. Kitts and Nevis anschauen. Am Tag nach der Eröffnung ging die Arbeit auch gleich weiter: alle Stühle raus, die Trennwand schließen und zwei Klassenräume einrich- ten. Dies ist aufgrund vieler zu beachtender Kleinigkeiten einfacher gesagt als getan, und obwohl die Kinder jetzt schon eine Woche in ihrem neuen Gebäude sind, ist noch lange nicht alles fertig.
Wir haben jetzt 19 SchülerInnen im Alter von zweieinhalb bis 5 Jahren, die in zwei Klassen aufgeteilt sind. Dabei unterrichte ich mit Teacher Alda zusammen die jüngere Gruppe. Zwei weitere Kinder werden in den nächsten Wochen dazu stoßen.

Über unseren Umzug freuen sich nicht nur SchülerInnen, Eltern und Lehrer, sondern ganz besonders auch die Gemeindemitglieder der Holy Family Catholic Church. Sie können nach zweieinhalb Jahren nun endlich wieder ihren Gemeindesaal beziehen. Dies ist auch dringend nötig, denn einige Aktivitäten sind so unterblieben. So treffen sich – zu meiner Freude – an diesem Wochenende nach langer Zeit wieder eine Jugend-und eine Messdienergruppe.

- Kathrin