MaZ: Rettet unsere Männer – Kinder brauchen auch Väter

Eingestiegen in die Fastenzeit sind wir mit einer für mich sehr bewundernswerten Tat. In der Schwesternkommunität wurde beschlossen, auf Fleisch zu verzichten. Was ja an sich nichts Außergewöhnliches ist. Doch fasten die Schwestern nicht in dem Sinne zu verzichten, sondern mit dem Zweck das Geld für das Fleisch zu sparen.

Auf die Frage, wohin das Geld gehen sollte, war Sr. Julita sehr schnell dabei, die Liste der Preschooler durchzugehen. Sie entschied sich für die Familie, die ohne fließend Wasser und Strom in einer Wellblechbehausung abseits des Dorfes auf einem Hügel wohnt und es besonders nötig hat.

Doch weil in der hiesigen Kultur Geld leider schneller in Kleidung, Aussehen und den Schein nach außen gesteckt wird als z. B. in das eigene Haus, die gesunde Ernährung oder die Erziehung der Kinder, wurde der Familie nicht das Bargeld überreicht. Sie durften sich jede Woche von den Schwestern reichlich langhaltbare Lebensmittel abholen. So bekam auch nicht jeder auf der Straße mit, wem die Schwestern helfen und es wurden keine Neider hervorgerufen. Die Mutter war sehr glücklich und dankbar. Und die Tochter hat oft ganz stolz zu ihren Klassenkameraden gesagt, sie hätte heute ein Trinkpäckchen und Kekse mit zur Schule bekommen anstatt Wasser und Früchte.

Etwas ganz Besonderes nach der langen Fastenzeit, die dann doch nicht so ganz fleischlos – aber ohne Speiseeis – war, waren natürlich die Karwoche und die Osterfeiertage. Passend hierzu wurde es in der Karibik nach unserem 23-Grad-Celsius-"Winter" wieder richtig warm, sodass auch die Einhei-mischen langsam wieder die Strandsaison eröffnen konnten.
Den Palmsonntag haben wir mit echten Palmenwedeln von den unterschiedlichsten Palmenarten gefeiert. Trotzdem hat man den umstehenden Palmen im Kirchengarten nicht angesehen, wie viel Grün für den Kirchenschmuck abgeschnitten wurde. Meine Bemerkung, dass wir in Deutschland "some kind of green bush" benutzen, wurde mit viel Gelächter und Unverständnis bedacht.
Am Karmontag habe ich dann meine Eltern am Flughafen begrüßt. Dienstag stand im Zeichen einer großen Sightseeing-Tour, die uns über die ganze Insel und zu allen wichtigen historischen und kulturellen Orten geführt hat. Und noch zwei touristische Höhepunkte, die ich bislang nicht mitgemacht hatte: einen Regenwaldausflug zu Pferd am Mittwoch und eine Schnorchel-Tour am Donnerstag. Dann fingen die "Heiligen Drei Tage" mit den vielen Kirchbesuchen an.

Vorher haben wir aber noch schnell Sr. Julita nach Chicago verabschiedet, die dort Ostern gefeiert hat. Danach reiste sie zusammen mit der Provinzleiterin und einer Delegierten zum Generalkapitel nach Steyl. Fr. Manuel hat am gleichen Mittwoch Father Pierre vom Flughafen abgeholt. Fr. Pierre ist der Generalvikar unserer Diözese. Er hat Fr. Manuel über die Feiertage unterstützt. So konnten sowohl in der Co-Kathedrale in Basseterre als auch in Mollineux alle Messen angeboten werden. Dadurch konnten meine Eltern und ich von Gottesdienst zu Gottesdienst zwischen den beiden Kirchen wechseln.
Dabei wurden mir wieder einmal die großen Unterschiede in meinem Gastland bewusst. Die frisch renovierte, relativ große Kirche in Basseterre – reichlich geschmückt mit langen Bannern, einem langen Zug an Messdienern, Lektoren, Kommunionhelfern, zwei Chören, reichlich Kirchenbesuchern sowie den Touristen von den Kreuzfahrtschiffen oder aus einem der zahlreichen Hotels – ist nicht vergleichbar mit unserer kleinen Gemeinde in Mollineux, in der am Gründonnerstag jedem Kirchenbesucher die Füße gewaschen werden, damit wir so auf zwölf Personen kommen.
Am Ostersonntag war dann allerdings auch die Kirche in Mollineux richtig voll und die Ehemaligen haben zusammen mit der neu gegründeten Jugendgruppe den Chor gebildet. Da es für Ostern war, haben wir sogar zweimal vorher geübt. Und es hat auch wunderbar geklappt.

Nachdem meine Mutter nun also genug Kirche bis Weihnachten hatte und zusammen mit meinem Vater – den man vermutlich vorher doch noch einige Male in der Kirche sehen wird – Ostermontag wieder abgereist waren, hatte ich meinen Alltag wieder. Dienstag begann für mich der dritte und letzte Term des Preschool-Jahres.
Wir haben aufgrund unserer Erfahrungen die beiden Klassen ein wenig anders gemischt, sodass ich nun mit Teacher Vashney die älteren Kinder (4-5 Jahre) unterrichte. Wenn wir diese Klasse für die verschiedenen Aktivitäten des Tages dann noch einmal unterteilen, bleibe ich bei den sechs Schüle-rInnen, die die Preschool im September Richtung Primary School (Grundschule) verlassen werden. Dies war für mich, nachdem ich vorher mit Teacher Alda zusammen mit den Jüngsten (noch nicht ganz 3 Jahre alt) gearbeitet habe, doch eine große Umstellung. Doch mittlerweile gefällt es mir sehr gut, zumal die Fünfjährigen schon allein auf sprachlichem Niveau viel weiter sind, als die Kleineren mit ihren Ein-Wort-Sätzen.
In meiner Gruppe fangen wir jetzt an die Zahlen von 1 bis 10 zu lesen und zu schreiben; das Zählen ist ja schon drin. Die jeweiligen Namen sollen bis zum Schulwechsel auch buchstabiert, erkannt und halbwegs leserlich geschrieben werden können. Und auch die Farben sollen alle schon erkannt und benannt werden können.

Der dritte Term hat für mich auch wieder eine Menge neuer Aktionen mit sich gebracht. Die Kinder mussten sowohl eine Feuer- und Erdbebenübung mitmachen als auch wissen, wie eine Vorbereitung auf Hurrikans abläuft. Dabei hat den Kindern das Rollen über den Boden, um eventuell brennende Kleidung zu löschen, so viel Spaß gemacht, dass es jetzt fast jeden Tag wiederholt wird.
Außerdem studieren wir fleißig Lieder ein. Das Lied "Love one another" (Liebt einander) soll bei der Schulabschlussfeier von den Preschoolern vorgetragen werden. Zum gleichen Anlass werden die Eltern unserer Schulabgänger entweder das hier beliebte Kirchenlied "Open the eyes of my heart, Lord" (Öffne die Augen meines Herzens, Herr) singen oder "We are a chosen generation" (Wir sind eine ausgewählte Generation) – ebenfalls ein Kirchenlied.
Für den Childmonth (Kindermonat) im Juni üben wir ebenfalls einen Song mit christlich-religiösem Text, was mich doch wundert, da es sich um eine staatliche Feierlichkeit handelt. Dieses Lied heißt "God, you make me smile" (Gott, du bringst mich zum Lächeln). Dabei fällt mir auch gleich wieder die Nationalhymne St. Kitts and Nevis ein, die auch allen Preschoolern schon wohlbekannt ist und bei keiner großen Versammlung oder Feier jeglicher Art fehlen darf. Sie ruft ebenfalls Gott als Begleiter in Schwierigkeiten und Beschützer der beiden Inseln an. Trotz ihrer kirchlichen Texte haben die Lieder keinesfalls etwas mit unseren deutschen, bedächtigen Kirchenliedern zu tun.

Auch viel Organisatorisches wird schon für den Childmonth erledigt, da die Eltern gemeinsam entscheiden müssen, zu welchen Aktivitäten sie ihre Kinder schicken wollen und welche ausgelassen werden. Denn jeder Event ist auch mit Fahrtkosten und Aufwand verbunden.
Der schon erwähnte Childmonth ist eine große Promotion-Veranstaltung. Jedes Jahr wird mit einem Motto auf die Nöte und Bedürfnisse der Kinder in St. Kitts and Nevis hingewiesen. Dieses Jahr werden wir den 30. Childmonth unter dem Motto "Was wir in den 30 Jahren erreicht haben" feiern. Dazu wird es unter anderem auch eine große Kostümschau geben, bei der jede Preschool ein Motto eines vergangenen Childmonth aufgreift und ein Kostüm für drei Kinder erstellt.
Unsere gar nicht so glückliche Glücksfee Teacher Vashney hat auf der entsprechenden Sitzung das Motto aus dem Jahr 2010 für uns gezogen: "Rettet unsere Männer – Kinder brauchen auch Väter". Die Farbe des Jahres war "Texas Orange". Unser Brainstorming zum Kostümvorschlag war bisher alles andere als erfolgreich.

In der Kirchengemeinde wurde wie fast überall Muttertag gefeiert. Dabei wurde allen Müttern, die am zweiten Maisonntag in der Kirche waren, eine Kaffeetasse geschenkt. Der Kids Club hat dazu noch jeweils eine Karte gestaltet und ein Armband gebastelt.
Auch bei den Jugendlichen der Gemeinde hat sich einiges entwickelt. Nachdem wir im Februar sieben neue Messdiener ausgebildet haben, haben wir jetzt auch mit den älteren sechs Messdienern einen Workshop angefangen. Die im Januar neu gegründete Jugendgruppe trifft sich jetzt regelmäßig an jedem ersten und dritten Freitag im Monat. Wir planen einen Kuchenverkauf nach der Messe am Vatertag, der hier auf den zweiten Sonntag im Juni fällt. Und zum Ende des Schuljahres werden wir eine Wanderung zu einer der Trinkwasserquellen im Regenwald unternehmen.

- Kathrin